Der Billigflieger Ryanair hat es jahrzehntelang geschafft, auch die stärksten Pilotengewerkschaften zu besiegen. Bis eine scheinbar unbedeutende EU-Regel den irischen Konzern in die Knie zwang.
Im Oktober 2014 kündigte Ryanair die Eröffnung von zwei Basen in Dänemark an. Sofort forderten dänische Gewerkschaften einen GAV, doch Ryanair stellte sich quer. Daraufhin entschied das dänische Arbeitsgericht, dass die Gewerkschaften mittels Sympathiestreiks einen GAV erzwingen können.
Turbulenzen
Doch zu solchen Streiks kam es nie. Ryanair schloss einfach seine Basen in Kopenhagen und Billund und bediente diese Flughäfen mit Piloten aus Irland. Ähnlich erging es auch norwegischen und französischen Pilotengewerkschaften.
Im Dezember 2017 kam dann die Kehrtwende: Ryanair musste Pilotengewerkschaften in der ganzen EU anerkennen. Was war geschehen?
Zwischen September und Dezember 2017 musste Ryanair Tausende Flüge streichen. Der Hauptgrund dafür war ein EU-Gesetz, das die maximale Anzahl der Stunden festlegt, die ein Pilot innerhalb eines Kalenderjahres fliegen darf. Mit Ausnahme von Irland hielten sich alle EU-Mitgliedstaaten an diese Regel. Doch dann zwang die EU auch Irland, sich an diese EU-Regel zu halten.
Grounding
Nun musste Ryanair zusätzlichen Urlaub für die irischen Pilotinnen und Piloten einplanen. Die Gewerkschaften erkannten das Potential für eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse: Ryanair hatte nicht mehr genügend Piloten, um Streiks zu brechen, da diese mehrheitlich am Strand sassen, und nicht im Cockpit.
Anfang Dezember 2017 sprachen sich die gewerkschaftlich organisierten Piloten in Irland mit grosser Mehrheit für einen Arbeitskampf aus. Ihre Kolleginnen und Kollegen in Portugal, Spanien, Italien und Deutschland folgten diesem Beispiel. Diese länderübergreifende Streikdrohung zwang Ryanair, seine gewerkschaftsfeindliche Politik aufzugeben.
Punktlandung
Das zeigt, dass die Stärke der europäischen Gewerkschaften nicht nur von nationalen Gesetzen abhängt, sondern auch von ihrer Fähigkeit, über die Landesgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Manchmal sind scheinbar belanglose EU-Regeln wichtiger als das nationale Arbeitsrecht.