Der Lohnschutz ist die beste Schutzklausel. Das zeigen die Erfahrung, die Lohnstatistiken und die Entwicklungen bei der IV

Blog Daniel Lampart

Bürgerliche PolitikerInnen haben die «Schutzklausel» zu einer zentralen europapolitischen Forderung erhoben. Was sie konkret damit meinen, ist nicht ganz klar. Meistens stellen sie sich darunter ein Kontingentssystem bei der Einwanderung vor. Wobei die Frage, wer vor wem geschützt werden soll, nicht beantwortet ist. Wollen wir uns vor PflegerInnen, BauarbeiterInnen oder ÄrztInnen schützen, die wir eigentlich dringend brauchen?
Die Wirkung dieser Schutzklausel dürfte – wenn es überhaupt eine gibt – eher negativ sein. Weil die Firmen dann auf KurzaufenthalterInnen, Saisonniers und GrenzgängerInnen ausweichen, die schlechter integriert sind. Der Lohnschutz ist definitiv die bessere Schutzklausel. Das zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre – und die Statistiken.

Mit der Personenfreizügigkeit und den Flankierenden Massnahmen hat die Schweiz ab 2002 ein neues Immigrationssystem eingeführt. Um als AusländerIn eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, braucht man ein gesichertes Einkommen. Einmal abgesehen von den Milliardären aus Norwegen heisst das: Man braucht eine Arbeitsstelle. Gleichzeitig muss man für die Arbeit einen Schweizer Lohn erhalten. Das verlangen die Flankierenden Massnahmen. Die Löhne werden seither in der Schweiz an den Arbeitsplätzen kontrolliert. Die LohnkontrolleurInnen überprüfen rund 160’000 Löhne pro Jahr. Sie stellen ungefähr bei der jeder zehnten Kontrolle zu tiefe Löhne fest.

Gäbe es den Lohnschutz der Flankierenden Massnahmen nicht, wären die Auswirkungen fatal. Die Fir-men könnten das Personal zu wesentlich tieferen Löhnen einstellen. Insbesondere Arbeitnehmende aus dem Ausland, die sich teilweise vom Schweizer Lohnniveau blenden lassen – bis sie dann realisieren, dass auch die Mieten und die Krankenkassenprämien in der Schweiz höher sind.

Das wäre auch für die SchweizerInnen negativ. Denn wenn die Schweizer Firmen ausländisches Personal zu tieferen Löhnen finden, kommen letztlich alle Löhne unter Druck. Zudem dürfte es mehr arbeitslose InländerInnen. Der Lohnschutz hat auch längerfristig positive Wirkungen. Denn wenn die Löhne höher sind, müssen die Arbeitgeber besser auf die Produktivität der Angestellten schauen. Sie müssen mehr ins Personal investieren und entsprechend Sorge tragen, indem sie beispielsweise schauen, dass die Berufstätigen aus dem Ausland ausgebildet sind und eine Schweizer Landessprache beherrschen. Das gibt den Beschäftigten eine bessere Perspektive und entlastet auch die Sozialwerke. Weil die KontrolleurInnen an den Arbeitsplätzen auftauchen, gibt es auch weniger Schwarzarbeit.

Eine Studie der KOF zeigt ausdrücklich, wie das Lohndumping mit der Einführung von Personenfreizügigkeit und Lohnschutz abgenommen hat. Im Unterschied zum früheren Kontingentssystem sind die Lohnunterschiede zwischen SchweizerInnen und AusländerInnen gesunken.
 

Dass die AusländerInnen besser ins Berufsleben integriert sind, lässt sich beispielsweise auch aufgrund der IV-Statistik vermuten. Im früheren Kontingentssystem mit den schlecht integrierten Saisonniers gab es viele, die ab Alter 50 körperlich nicht mehr Arbeiten konnten und infolge der ungenügenden Sprachkenntnisse und Ausbildungen nur schwer in einem anderen Beruf eine Arbeit finden konnten. Sie landeten in der IV. Mit der besseren Integration ins Berufsleben hat sich das geändert. Der Anteil der AusländerInnen mit IV-Rente ist stark zurückgegangen. Im Unterschied zu den SchweizerInnen, wo der IV-Anteil weitgehend unverändert ist. 

Anteil IV-RentenbezügerInnen an der Bevölkerung (Anteil an 18-64/65-jährigen Bevölkerung)
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