Eine echte Sozialpartnerschaft braucht einen wirksamen Kündigungsschutz für die VertreterInnen der Arbeitnehmenden

Blog Daniel Lampart

Das Wort «Sozialpartnerschaft» geht vielen leicht über die Lippen. In der Realität ist die Lage leider etwas anspruchsvoller. Sozialpartnerschaft bedeutet, dass die Arbeitnehmende und Firmen gemeinsame, tragfähige Lösungen für Probleme finden und so auch Konflikte verhindern können. Damit das funktioniert müssen sich die beiden Seiten auf Augenhöhe begegnen können. Die VertreterInnen der Arbeitnehmenden müssen ihre Standpunkte in den Verhandlungen ebenso konsequent vertreten können wie die Arbeitgeberseite. In zahlreichen Branchen wie dem Bau oder der Reinigung haben Gewerkschaftsprofis die führende Rolle in den Verhandlungen. Sie sind unabhängig von den Firmen und können dadurch nicht unter Druck gesetzt werden. Das sind vor allem Branchen mit Branchen-Gesamtarbeitsverträgen.

In anderen Branchen wie der Industrie oder den Banken wird jedoch vieles auf Betriebsebene verhandelt. Die VertreterInnen der Arbeitnehmenden sind gleichzeitig Angestellte der Firma, in denen sie verhandeln. Sie sind deshalb viel weniger unabhängig, wenn sie nicht gegen Kündigungen geschützt sind. Im Gewerkschaftsalltag stellen wir immer wieder fest, dass das von Arbeitgebern ausgenützt wird. 

Das Schweizer Recht kennt einen minimalen Kündigungsschutz. Wer gewerkschaftlich aktiv ist, darf deswegen nicht gekündigt werden. Wenn ein Arbeitgeber trotzdem kündigt, kann ein Gericht eine Strafe von maximal sechs Monatslöhnen aussprechen. Für die Betroffenen ist eine solche Kündigung schlimm. Denn wer wegen Gewerkschaftsarbeit die Stelle verliert, hat grössere Mühe wieder eine Stelle zu finden. 

In der Gerichtspraxis wurde dieser Kündigungsschutz leider ausgehöhlt. Ein ganz krasser Fall war der Fall des Tagesanzeiger-Redaktors Daniel Suter. Er war der Präsident der Personalkommission, als der Tagesanzeiger im Jahr 2009 60 Leute entliess. Sein Auftrag war, die Interessen des Personals in den Sozialplanverhandlungen zu vertreten. Doch krasserweise wurde er als Präsident selber entlassen. Ebenso auch der Peko-Präsident der Berner Zeitung «der Bund». Die Entlassung wurde vom Tagesanzeiger mit «wirtschaftlichen Gründen» begründet. Sozialplanverhandlungen sind unmöglich, wenn die Verhandlungsführer auf die Strasse gestellt werden. Daniel Suter zog den Fall vor Bundesgericht, welches dem Tagesanzeiger recht gab – mit der unerhörten Begründung: Der Kündigungsschutz dürfe keine «Privilegierung gegenüber anderen Arbeitnehmern bei Massenkündigungen» sein. Mit diesem Urteil werden die Rechte der Arbeitnehmenden in entscheidenden Situationen faktisch gestrichen. 

Der SGB setzt sich seit über 20 Jahren für einen Kündigungsschutz für Personalvertretungen ein, der eine Sozialpartnerschaft ermöglicht. Heute ist ein wichtiger Schritt gelungen. Der Bundesrat hat beschlossen, dass der Kündigungsschutz verbessert werden muss. Bevor gekündigt werden kann, muss die Firma mit den betroffenen Arbeitnehmden während zwei Monaten eine andere Stelle suchen. Tut sie das nicht, ist die Kündigung ungültig. Wenn der Fall dann trotzdem vor dem Gericht endet, gibt es eine Busse von bis zu 10 Monaten. Der Vorschlag des Bundesrates wird auch dazu führen, dass die Gerichte den Schutz ernster nehmen müssen. Denn das neu eingeführte Vorverfahren von 2 Monaten ist ein klarer Hinweis, dass die Personalvertretungen besonders schützenswert sind - damit sie ihre Funktion wahrnehmen können. 

Noch ist diese Verbesserung nicht in Kraft. Sie muss noch zahlreiche Hürden nehmen – so auch im Parlament. Wer für echte Sozialpartnerschaft ist, muss dem Vorschlag zustimmen. 

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