"Fachkräftemangel": Ausmass, Ursachen - und was die zunehmende Anzahl Chefs damit zu tun haben kann.

Blog Daniel Lampart

 «Fachkräftemangel!» Dieser Ruf hat bei den Arbeitgebern momentan Konjunktur. Angesichts der hohen Erwerbslosigkeit von fast 230'000 Personen ist das ziemlich überraschend. Zumal dazu noch Teilzeitarbeitende kommen, die mehr arbeiten möchten. Total liegt die «Unterbeschäftigung» in der Schweiz bei über 300'000 Vollzeitstellen.

Im historischen Vergleich ist der Mangel nicht dramatisch. Zwar haben etwas mehr Firmen Mühe, qualifiziertes Personal zu finden. Doch Ende der 1980er-/Anfang der 1990er-Jahre war es für die Arbeitgeber wesentlich schwieriger, Personal zu finden.

Anteil der Firmen mit Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von qualifiziertem Personal

Nach Branchen betrachtet, verzeichneten vor allem das Gastgewerbe sowie das Gesundheits- und Sozialwesen eine spürbare Erhöhung der Mangelmeldungen. In der Maschinenindustrie hat sich der seit Jahren beklagte Mangel etwas erhöht.

Anteil der Firmen mit Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von qualifiziertem Personal, ausgewählte Branchen

Es gibt verschiedene Ursachen für diese Entwicklung. Neben der guten Konjunktur werden die wirtschaftliche Unsicherheit und die Einkommensverluste in der Corona-Krise beim Gastgewerbe und beim Handel ihre Spuren hinterlassen haben. Das Gesundheitswesen dürfte unter einer verstärkten Abwanderung aus der Branche leiden. Ein wichtiger Faktor ist zudem die Migration. In der Corona-Krise war das Reisen in andere Länder stark erschwert. Phasenweise wurde sogar die Personenfreizügigkeit ausser Kraft gesetzt. Die Einwanderung war daher – mit Ausnahme der GrenzgängerInnen – geringer. Mittlerweile hat sich die Lage verändert. Es kommen wieder deutlich mehr Berufstätige aus dem Ausland in die Schweiz.

Einwanderung ständige Wohnbevölkerung mit Erwerb, Dienstleistungen

Zahlreiche Arbeitnehmende in der Schweiz haben den Eindruck, dass es zu viele Chefs gibt, von denen man nicht genau weiss, ob und was die eigentlich arbeiten. Das Bundesamt für Statistik liefert Anhaltspunkte, dass dieser Eindruck nicht täuscht. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der «Führungskräfte» in der Schweiz von 250'000 auf 435'000 fast verdoppelt. Dazu kommt noch eine markante Zunahme der Entourage. Die Zahl der «Spezialisten in Vertrieb, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit» sowie der «Spezialisten in der betrieblichen Verwaltung» hat sich sogar mehr als verdoppelt. Heute arbeiten mehr als 100'000 Personen in diesen Jobs. Bevor der Fachkräftemangel wirklich gravierend wird, könnte man wahrscheinlich da und dort ein paar Chefs wieder in der Produktion von Waren und Dienstleistungen einsetzen.

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