Der «Fachkräftemangel» ist viel besser als sein Ruf. Er zwingt die Firmen, Leute auszubilden, die Produktion besser zu strukturieren und führt zu Lohnerhöhungen. Also eigentlich genau das, was volkswirtschaftlich erwünscht ist. Die Klage über den Mangel ist vor allem eine Verteilungsfrage: Wer profitiert und wer zahlt?
Doch zunächst zur aktuellen Lage. Obwohl die Corona-Krise noch nicht überwunden ist, klagen viele Arbeitgeber, dass sie Mühe hätten, qualifiziertes Personal zu finden. Tatsächlich sieht man in den Statistiken, dass die Rekrutierung von Arbeitskräften etwas schwieriger geworden ist. Doch im historischen Vergleich ist das Ausmass des Mangels ziemlich bescheiden. Rund 30 Prozent der Firmen meldeten dem Bundesamt für Statistik im 2. Quartal 2021, sie hätten Schwierigkeiten, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Im Vergleich beispielsweise zu den 1980er-Jahren ist das alles andere als besorgniserregend. Dort suchten über Jahre hinweg 50 bis 60 Prozent der Betriebe intensiv Fachkräfte, wie die Grafik unten zeigt. Die Wirtschaft expandierte trotzdem – nämlich von 1985 bis 1990 mit 2.9 Prozent jährlich. Gegenüber beispielsweise 1.9 Prozent von 2014 bis 2019.