Gegen die aktuelle Teuerung sind die klassischen geldpolitischen Massnahmen teuer und wenig zielgerichtet. Gezieltere regulatorische und fiskalische Eingriffe wären effizienter

Blog Daniel Lampart

In den westlichen Ländern ist die Teuerung auf einen Höchststand seit über 30 Jahren gestiegen. Die Geldpolitik der Zentralbanken ist auf einen restriktiven Kurs umgeschwenkt. Die Schweizerische Nationalbank hat sogar angekündigt, allenfalls Franken zu kaufen, damit sich dieser aufwertet. Eine Massnahme, welche sonst nur Schwach-Währungsländer ergreifen. Damit soll das Wirtschaftswachstum spürbar gebremst werden mit dem Ziel, dass durch die höhere Arbeitslosigkeit und die schlechtere Wirtschaftslage später auch die Teuerung zurückgeht. Doch dieses Vorgehen ist in der gegenwärtigen Lage ineffizient oder sogar kontraproduktiv. Zumal die hohe Teuerung bei den zu geringen Lohnsteigerungen bereits Kaufkraft frisst und den Konsum abschwächt. Für Deutschland rechnen fast alle bereits mit einer Rezession.

Im Normalfall entsteht Inflation, wenn die Wirtschaft sehr gut läuft, und die Firmen aufgrund der hohen Nachfrage von ihren Kunden höhere Preise verlangen können. Die aktuelle Teuerung hat in erster Linie jedoch andere Ursachen. Sie ist zu einem grossen Teil die Folge von Angebotsverknappung und nicht von zu starker Nachfrage: Die durch die Ukraine-Invasion ausgelöste Energiepreis-Erhöhung alleine macht mehr als ein Drittel der gegenwärtigen Teuerung aus – nämlich 1.3 der 3.3 Prozent Teuerung vom September. Dazu kommen die Lieferengpässe bei verschiedenen Produkten, die bei den Firmen zu höheren Einkaufspreisen geführt haben. Diese geben sie – wenn möglich – über höhere Verkaufspreise an die Kundinnen und Kunden weiter. Ein beträchtlicher Teil der Schweizer Teuerung ist daher angebots- und nicht nachfrage- bzw. konjunkturbedingt.

In den USA oder in der Euro-Zone ist es nicht anders. Grobe Schätzungen für die Eurozone oder die USA zeigen, dass die nachfragebedingte Teuerung in beiden Wirtschaftsräumen bei 2 Prozent (USA) oder darunter (Eurozone) liegt.

Wäre es in dieser Situation nicht naheliegend, die Teuerung über gezielte angebotsseitige Massnahmen zu bekämpfen? Beispielsweise indem beim Strom eine Rückkehr in die Grundversorgung ermöglicht wird und der Strompreisanstieg in der Grundversorgung durch regulatorische und fiskalische Massnahmen abgemildert wird.

Zinserhöhungen und Frankenaufwertungen sind sehr breitbandig wirkende Massnahmen gegen die Teuerung. Sie eignen sich, wenn die Preise von sehr vielen Produkten und Dienstleistungen nachfragebedingt steigen. Doch wenn die Preiserhöhungen wenige, spezifische Ursachen haben, ist sie ineffizient. Die höheren Zinsen und die Aufwertung müssen das Wachstum stark bremsen bzw. die Arbeitslosigkeit hochtreiben, dass die Teuerung in der Summe bei 2 Prozent oder weniger liegt. Das birgt Gefahren für die Binnenkonjunktur (Bau u.a.). Die 10-jährigen Hypothekarzinsen sind schon jetzt bei deutlich über 3 Prozent.

Die Kosten von Frankenaufwertungen und Zinserhöhungen sind hoch. Um die Teuerung um 1 Prozentpunkt zu reduzieren, bräuchte es eine Frankenaufwertung von rund 10 Prozent – also einen Franken-/Eurokurs von unter 0.9. Diese Aufwertung hätte aber auch grosse realwirtschaftliche Auswirkungen. Eine Aufwertung um 10 Prozent reduziert das BIP um rund 3 Prozent (fast 25 Mrd. Franken) – mit entsprechenden Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Löhne. Gezielte Massnahmen beim Strom oder in anderen Bereichen wären wesentlich günstiger.

Der US-Ökonom Stiglitz hat die aktuelle Geldpolitik in einem aktuellen Interview sogar als kontraproduktiv kritisiert. Sie behindert die Investitionen in die Energieversorgung der Zukunft, was die Probleme noch verschlimmern würde.

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