Gute Löhne und gute Renten - statt längere Arbeitszeiten und höheres Rentenalter. Rede zum 1. Mai 2023

Blog Daniel Lampart

Das letzte Mal im Berner Oberland habe einen BLS-Mitarbeiter getroffen. Er sagte mir: Zum Glück kann ich günstig wohnen. Sonst wüsste ich mit meinen drei Kindern langsam nicht mehr, wie ich mit dem Lohn noch über die Runden komme.

Man kann die aktuelle Situation bei den Löhnen und bei den Lebenshaltungskosten einfach zusammenfassen: Alles wird teurer. Alles geht hoch – nur die Reallöhne nicht. Die Krankenkassenprämien sind gestiegen. Im Oktober kommen die Mieten. Allgemein steigen die Preise. Die Teuerung ist so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. Die Kaufkraft der Löhne hingegen sinkt, weil sich die Arbeitgeber weigern, nur schon den Teuerungsausgleich zu geben. Für die Arbeiter und Angestellten, aber auch für die Rentnerinnen und Rentner wird es finanziell immer enger. Denn es geht um erschreckend viel Geld. Weil die Teuerung beim Lohn nicht ausgeglichen wurde, haben die Arbeitnehmenden rund 2000 Franken pro Jahr weniger Kaufkraft. Der Prämienschock bei den Krankenkassen kostet eine Familie 700 Franken zusätzlich. Und wenn die Mieten ab Oktober steigen, fehlen künftig weitere 1000 Franken. Insgesamt fehlen gegen 4000 Franken pro Jahr.

In Deutschland oder in Frankreich ist die Kaufkraftsituation noch angespannter. Dort streiken unsere Kolleginnen und Kollegen und haben damit auch Erfolg. Aber auch in der Schweiz spitzt sich die Lage zu. Die Arbeitgeber weigern sich ja nicht nur, die Löhne real zu erhöhen. Sondern sie fordern darüber hinaus, dass wir mehr und länger arbeiten sollen. Obwohl Eltern heute mit Job, Kinder und Hausarbeit Woche für Woche bereits 70h arbeiten und endlich froh sind, mal eine Stunde ein Buch lesen zu können. Die Realität ist: Es wird hart und viel gearbeitet in unserem Land. Eigentlich immer mehr, weil die Familien mit einem 100 Prozent-Pensum nicht mehr über die Runden kommen. Noch länger arbeiten und noch mehr Stress und das zu tieferen Löhnen? Kolleginnen und Kollegen. Das werden wir verhindern. Wenn nötig auch mit Aktionen und Kampfmassnahmen. Es muss in die andere Richtung gehen. Es braucht höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und weniger Hektik und Stress.

Auch im Parlament in Bern treiben die Arbeitgeber und ihre Partner ihre unsozialen Pläne voran. Sie haben vor allem die Altersvorsorge im Visier. Weil die Pensionskassen ihre Leistungen kürzen, sinken die Renten schon seit einiger Zeit. Die Teuerung und die steigenden Krankenkassenprämien haben zu weiteren Rentenverlusten geführt. Doch anstatt das Problem der sinkenden Renten zu lösen, wollen die Arbeitgeber weitere Leistungsverschlechterungen. Sie wollen das Rentenalter erhöhen. Ihr Pilotprojekt ist die Initiative für das Rentenalter 67, die offiziell von den Jungfreisinnigen lanciert wurde. Diese Initiative wird in Tat und Wahrheit von den grossen Versicherungen in Zürich aktiv unterstützt. Auch Banken haben ihre Finger im Spiel. UBS-Chef Ermotti schlug ja sogar Rentenalter 70 vor. Ausgerechnet der Chef von zwei mit Milliarden geretteten Banken befiehlt der Bevölkerung, den Gürtel enger zu schnallen. Und sich selber gleichzeitig Millionensaläre auszahlen. Wasser predigen und Wein trinken. Diese Arroganz ist unglaublich.

In der 2. Säule wollen die Arbeitgeber die Renten weiter senken. Gleichzeitig wollen sie, dass wir mehr bezahlen. Die Banken und die Versicherungen hingegen lassen sie in Ruhe. Obwohl sie Milliarden auf Kosten unserer Renten in der 2. Säule verdienen. Wir haben das Referendum gegen diese Verschlechterung bei den Pensionskassenrenten ergriffen. Es braucht bessere Renten, keine Verschlechterungen. Und es braucht vor allem einen Ausbau der sozialen AHV. Die AHV ist die Altersvorsorge mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis für Normalverdienende. Und sie lohnt sich für die Frauen. Wir haben klar Position bezogen. Wir fordern eine 13. AHV-Rente mit unserer Initiative. Und wir bekämpfen die Verschlechterungen in der 2. Säule mit dem Referendum, für das wir jetzt Unterschriften sammeln. Im nächsten Frühling kann die Bevölkerung selber darüber abstimmen. und die falschen Entscheide des Parlaments korrigieren, das in der Altersvorsorge unter dem Einfluss von Banken, Versicherungen und Arbeitgebern weit an der Bevölkerung vorbei politisiert. In einem reichen Land wie der Schweiz hat die Bevölkerung das Recht auf gute Renten.

Wer mit der Demokratie und den Problemen der Bevölkerung auch Mühe hat, ist die Finanzministerin Bundesrätin Keller-Sutter. Niemand kann genau sagen, ob es eine Alternative zu Rettung der Credit Suisse gegeben hätte. Was aber klar ist: Die arroganten Bankenchefs foutieren sich um das Wohl der Schweizer Bevölkerung. Sie zahlen sich Millionenboni aus und versuchen, Regulierungen verhindern. Wenn es hingegen Probleme gibt, lassen sie sich bequem in die öffentlichen Sicherheitsnetze fallen. Staatliche Rettungen gehören zu ihren Geschäftsmodell. Wie eine Haftpflichtversicherung. Aber gratis, ohne dass sie eine Versicherungsprämie dafür bezahlen. Bundesrätin Keller-Sutter versuchte in der Woche nach der CS-Rettung ein Sparprogramm bei der AHV durch den Bundesrat zu bringen. Und sie kämpfte gegen schärfere Regeln bei den Banken und bei den Bonuszahlungen der Bankchefs.

«Es gibt keine Alternative», hört man von ihr immer öfter. Das hat schon vorher jemand gesagt. Nämlich die neoliberale Premierministerin Maggie Thatcher. «There ist no alternative», auf englisch. Oder TINA. «Keine Alternative» gibt es gemäss Bundesrätin Keller-Sutter nämlich auch bei der Abstimmung über die OECD-Mindeststeuer im Juni. Die OECD-Mindeststeuer ist an sich eine gute Sache. Aber die Wirtschaftsvertreter und die reichen Kantone haben sie völlig auf den Kopf gestellt. Profiteure sind Kantone wie Zug, die viel Geld erhalten und damit die Steuern der vermögenden und einkommensstarken Haushalte senken. Gleichzeitig plant der Bund Sparprogramme auf Kosten der Bevölkerung. Bei der AHV, was den Druck auf die Renten erhöht. Beim öffentlichen Verkehr, was die Billettpreise weiter verteuert. Und bei der Bildung, was die Zukunftschancen der Jungen verschlechtert. Darum sagen wir Nein zu dieser völlig falsch aufgegleisten Umsetzung. Die OECD-Reform muss der Bevölkerung nützen, nicht schaden.

Am 14. Juni ist der feministische Streik. Dieser ist sehr wichtig. Denn die Arbeit der Frauen ist leider immer noch weniger Wert. Löhne unter 5000 Franken sind oft eine traurige Realität. Auch bei Frauen in anspruchsvollen Berufen mit grosser Verantwortung wie den Kita-BetreuerInnen, die sich um das Wichtigste für die Familien kümmern, nämlich um die Kinder. Auch Pharma-AssistentInnen, welche Kranke beraten und Medikamente abgeben, haben oft weniger als 5000 Franken Lohn. Die Arbeit der Frauen ist mehr wert. Wer eine Lehre gemacht hat, soll 5000 Franken verdienen. Alle sollen einen 13. Monatslohn erhalten. Nicht einmal das ist bei den Frauen selbstverständlich.

Die Krise und die schwierige Kaufkraftsituation in der Schweiz und im Ausland zeigen, wie wichtig starke Gewerkschaften sind. Unsere Vorgängerinnen und Vorgänger haben dank ihrem Einsatz und ihren Kämpfen die Lage der Arbeitnehmenden und der Rentnerinnen und Rentner stark verbessert. Nun ist es an uns, ihre Arbeit und ihre Kämpfe weiterzuführen. Die Berufstätigen und die Rentnerinnen und Rentner haben das Recht auf ein gutes Leben.

 

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