Konsumentenstimmung verschlechtert sich seit den 1970er-Jahren nach und nach - was sind die Gründe?

Blog Daniel Lampart

Viele Arbeitnehmende mit tieferen und mittleren Einkommen machen sich Sorgen, ob sie mit ihrem Geld noch über die Runden kommen werden. Die Teuerung läuft den Löhnen davon, die Energiekosten steigen und im nächsten Jahr kommt der Krankenkassen-Prämienschock. Kein Wunder, ist die Konsumentenstimmung in den Keller gefallen. Die Haushalte haben ihre finanzielle Lage seit Beginn der Umfrage Ende 1972 noch nie so pessimistisch beurteilt wie heute.

Besorgniserregend ist auch eine zweite Entwicklung. Die finanzielle Lage der Haushalte hat sich seit den 1970er-Jahren fortwährend eingetrübt. Die rote Line in der Grafik unten mit dem 10-Jahresmittel der Umfrage bewegt sich sukzessive abwärts – mit einem vorübergehenden Ausschlag gegen unten in den 1990er-Jahren, als die lange Stagnation und die hohe Arbeitslosigkeit grössere soziale Probleme verursachte.

Was sind die Ursachen dieser graduellen Verschlechterung? Die Grafik unten zeigt, dass die 1990er-Krise ein Bruch darstellt. Zu Beginn der Krise schoss die Arbeitslosigkeit steil in die Höhe. Bis es zehn Mal mehr Arbeitslose hatte als in den 1980er-Jahren. Mit dem Aufschwung 1997 wurde es etwas besser. Aber auch heute sind immer noch über 4 Prozent oder mehr als 200'000 Personen erwerbslos. Ein anderes grosses Problem sind die Kopf-Prämien bei der Krankenkasse. Der Bundesrat hat in den 1990er-Jahren zwar versprochen, dass niemand mehr als 8 Prozent des Einkommens für die Krankenkasse ausgeben muss. Doch Bund und Kantone sparten bei den Prämienverbilligungen. Heute müssen gewisse Haushalte 14 Prozent und mehr für die Krankenkassenprämien ausgeben. Auch der Druck auf die Sozialleistungen belastet die Haushalte finanziell. Arbeitgeber und die ihnen nahestehenden Parlamentsmehrheiten haben die Leistungen der Arbeitslosen- und der Invalidenversicherung gekürzt. Die AHV-Renten wurden nur teilweise an die Wirtschaftsentwicklung angepasst. Die Pensionskassenrenten sinken sogar im Durchschnitt. Last but not least ist die Lohnschere ein Problem. Die Topeinkommen haben seit den 1990er-Jahren stärker zugelegt als der Rest. Positiv ist aber, dass die unteren und mittleren Löhne dank der aktiven gewerkschaftlichen Lohnpolitik ebenfalls stiegen. Aber leider nicht so stark, wie es möglich gewesen wäre, wenn die Kader und Topverdiener bescheidener gewesen wären.

Beurteilung der finanziellen Lage gemäss Seco-Umfrage zur Konsumentenstimmung (saisonbereinigt)

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