Kurzarbeit sichert nicht nur Stellen, sondern trägt auch zu einem nachhaltigen Strukturwandel bei

Blog Daniel Lampart

Kurzarbeit hat in der Schweiz während der Corona-Krise viele Stellen erhalten. In anderen Ländern ohne Kurzarbeit wie den USA oder Grossbritannien stieg die Arbeitslosigkeit hingegen steil an. Gleichzeitig steigt dort der Widerstand gegen die Corona-Massnahmen, weil viele Leute wirtschaftlich keine Perspektive mehr haben.

Doch nun gibt es in der Schweiz zunehmend Stimmen, welche diese Massnahmen kritisieren. Die Kurzarbeit würde den Strukturwandel behindern. Arbeitslosigkeit sei besser. Weil die Leute dann eine neue Stelle suchen müssen.

Einmal abgesehen davon, dass solche Aussagen von wenig sozialer Sensibilität zeugen, sind sie auch ökonomisch ungerechtfertigt. Eigentlich ist es intuitiv, dass der Strukturwandel nur dann stattfinden kann, wenn die Firmen investieren und neues Personal einstellen. Das ist nun mal in Zeiten guter Konjunktur viel stärker der Fall als in einer Rezession. Man muss nun mal eine neue Stelle finden, um wechseln zu können …

Das zeigen auch die Schweizer Statistiken. Stellenwechsel von einer Firma zu einer anderen sind in Zeiten mit tiefer Arbeitslosigkeit viel häufiger als in einer Rezession. Die «Nettorotationsquote» bewegt sich gegenläufig zur Arbeitslosigkeit.  

In den Wirtschaftswissenschaften gibt es viele Untersuchungen dazu. Eine Analyse der KOF-Forscher Kopp und Siegenthaler zur Schweizer Kurzarbeit in der Finanzkrise kommt zum Schluss, dass über die Kurzarbeit nachhaltig wirtschaftliche Substanz erhalten werden konnte. Die erhaltenen Stellen erwiesen sich nach der Krise als produktiv. Viel zum Thema geforscht hat der Ökonom von Wachter. Er belegt nicht nur die mittelfristig positiven Wirkungen der Kurzarbeit, sondern zeigt auch, dass Personen, die in Rezessionen arbeitslos geworden sind, mittel- und längerfristig darunter leiden. Indem sie weniger verdienen oder schlechtere Stellen haben.

Es ist falsch, dass sich die von Kurzarbeit betroffenen Personen nicht nach anderen Stellen umschauen. Die Ungewissheit der Kurzarbeit finden die meisten unangenehm. In der Corona-Krise kommt dazu, dass Arbeitnehmende beispielsweise in der Luftfahrt oder im Gastgewerbe sich grundsätzliche Gedanken über die Zukunft ihrer Branche machen. Wir wissen in den Gewerkschaften von vielen, die daran sind, sich beruflich grundsätzliche Fragen zu stellen bzw. schon eine Stelle in einer anderen Branche angetreten haben. Die Kurzarbeit erleichtert diesen Prozess. Indem sie die Betroffenen nicht zwingt, möglichst rasch eine neue Stelle zu suchen – möglichst im gleichen Beruf, weil es schnell gehen muss. Sondern sie lässt ihnen einen gewissen Spielraum, sich mit beruflichen Alternativen seriös auseinander zu setzen. Kurzarbeit führt so gesehen zu einem nachhaltigen Strukturwandel.

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