Mehr Lohn dank guter Konjunktur – mit Rückenwind für die Verhandlungen durch die Stellenwechsel

Blog Daniel Lampart

Zahlreiche Berufstätige in der Schweiz haben schon länger keine Lohnerhöhung mehr erhalten. Das ist insbesondere bei den langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch bei Berufstätigen ohne Kaderfunktion der Fall. Dazu kommt nun eine Teuerung, die seit rund 30 Jahren nicht mehr so hoch war. Sie lag im September bei 3.3 Prozent. Über das ganze Jahr 2022 wird sich im Durchschnitt rund 3 Prozent betragen. Dazu kommen höhere Krankenkassenprämien im kommenden Jahr. Und höhere Strompreise und Wohnnebenkosten. Ohne Lohnerhöhung droht ein empfindlicher Kaufkraftverlust.

Das Geld für die Lohnerhöhungen ist vorhanden. Die Schweizer Wirtschaft hat sich beeindruckend schnell von der Corona-Krise erholt. Die Unternehmen haben ein sehr gutes erstes Halbjahr hinter sich. Sie haben die Kassen bereits gut füllen können. Auch die aktuelle Situation ist nach wie vor positiv. In einer Umfrage der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich bezeichnete die überwiegende Mehrheit der Firmen ihre Geschäftslage als gut oder zumindest befriedigend. Arbeitskräfte sind gesucht wie schon länger nicht mehr.

Die Chancen für Lohnerhöhungen stehen gut. Die bisher vorliegenden Lohnabschlüsse beinhalten mindestens den Teuerungsausgleich - oft auch noch eine Reallohnerhöhung. Das ist eine Folge davon, dass gut verhandelt wurde. Aber auch die gute Konjunktur und der Arbeitskräftemangel haben geholfen. Überhaupt ist die Hochkonjunktur eine der besten Freundinnen der Gewerkschaften. Sie spielt den Lohnverhandlungen in die Hände.

Denn wenn die Arbeitskräfte gesucht sind, müssen sich die Arbeitgeber mehr Mühe geben, um das Personal zu halten. Und um für neue Leute attraktiv zu sein. Gerade in der Hochkonjunktur wechseln rund 50 Prozent mehr Arbeitnehmende freiwillig die Stelle als in Rezessionen. Eine Motivation für den Stellenwechsel ist, dass man an einer anderen Stelle mehr verdient. In den Jahren 2018/19 – zwei ansprechenden, aber nicht ausserordentlichen Konjunkturjahren – haben 35.9 Prozent der Arbeitnehmenden gemäss einer BFS-Erhebung an ihrer neuen Stelle mindestens 10 Prozent mehr verdient als zuvor. Nur rund 10.7 Prozent der Berufstätigen mit einem Stellenwechsel haben einen Job mir einem tieferen Lohn. Das dürften grösstenteils Personen mit befristeten Verträgen sein, die nach Ablauf des Vertrags an einer anderen Stelle unterkommen mussten.

Die Arbeitgeber kennen diese Zusammenhänge natürlich. Um zu verhindern, dass ihnen das Personal davonläuft, werden sie in guten Konjunkturjahren eher Hand bieten für Lohnerhöhungen. Die Gewerkschaften müssen das ausnützen. Denn mit der Teuerung von 3 Prozent und mehr sind Lohnerhöhungen für die Arbeitnehmenden obligatorisch. Dazu kommt ein Nachholbedarf. In den letzten Jahren waren die Lohnabschlüsse oft unbefriedigend.

Lohn bei der neuen Stelle nach Stellenwechsel 2018/19

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