Mit der «Zuwanderungsabgabe» sollen MigrantInnen für die Nutzung der Infrastruktur zahlen. Doch ohne AusländerInnen gibt es die Infrastruktur gar nicht. Hier eine Analyse dieses Vorschlags

Blog Daniel Lampart

Vor allem Wirtschaftsliberale fordern regelmässig eine Einwanderungsabgabe – von Avenirsuisse bis zu Prof. Reiner Eichenberger. Diese Abgabe sei eine Art «Eintrittspreis in einen Club», indem die Einwandernden sich an den «Kosten der Infrastruktur» beteiligten, die sie nutzen würden. 

Doch diese Forderung hat bereits ein grundsätzliches Problem. Denn ohne Immigration gibt es auch die Schweizer Infrastruktur nicht. Bei Eisenlegern und Betonierern haben mehr als 80 Prozent keinen Schweizer Pass. Ohne AusländerInnen würde die Schweiz zudem im Schmutz versinken. Denn zwei Drittel des Reinigungspersonals stammen nicht aus der Schweiz. Und die Gesundheitsversorgung würde wohl zusammenbrechen. Der AusländerInnen-Anteil bei den ÄrztInnen oder in der Pflege ist über ein Drittel.

Überhaupt stellt sich die Frage, wer von der Einwanderung eigentlich profitiert. Wie bereits gezeigt, läuft ohne die ausländischen Arbeitskräfte in der Schweiz vieles nicht mehr. Darüber hinaus kommen zahlreiche AusländerInnen mit einer guten bis sehr guten Ausbildung, für die die Schweiz nichts bezahlt hat. Beispielsweise ÄrztInnen oder IT-Fachleute, aber auch MusikerInnen oder andere Kulturberufe. Die Schweizer Bevölkerung hat sie nicht ausgebildet, profitiert aber von ihrem Know-how. Unter dem Strich ist die Erwerbsmigration für die Schweiz ökonomisch gewinnbringend. 

Man können zudem verlangen, dass auch eine Auswanderungsgutschrift eingeführt werden müsste, wenn es eine Zuwanderungsabgabe gibt. Vor allem wenn die Abgabe eine Pauschale ist. Wer kommt, zahlt. Wer geht, kriegt seinen Beitrag hingegen ausfinanziert.

Gemäss den Befürwortern soll die Einwanderungsabgabe auch eine Verschiebung der Migration von schlechter zu besser bezahlten Tätigkeiten führen. Je nach Höhe der Abgabe kann es sich tatsächlich weniger lohnen, Bauarbeiter oder Pflegepersonal aus dem Ausland in der Schweiz fest anzustellen. Doch diese Berufstätigen brauchen wir trotzdem. Denn viele SchweizerInnen werden die Personallücken auf den Baustellen, in den Altersheimen oder in der Reinigung nicht füllen – schon gar nicht zu den heutigen Löhnen. Die Folge wäre, dass die Firmen auf KurzaufenthalterInnen mit prekärem Aufenthaltsstatus ausweichen werden. Ähnlich wie früher bei den Saisonniers. Das wäre nicht nur schlecht für die Arbeitsbedingungen, sondern auch für die Integration der ausländischen Berufstätigen. Viele haben früher Saison an Saison gehängt – und nie richtig eine Landessprache gelernt. Auch die Schweizer Politik hatte die Illusion, dass die Saisonniers die Schweiz wieder verlassen. Doch es waren Menschen, die hier ihre Kontakte knüpften, eine Partnerin oder einen Partner fanden und Kinder hatten. So dass sie am Schluss in der Schweiz wohnten. Doch bei grösseren körperlichen Beschwerden oder einem Arbeitsplatzverlust, der einen Berufswechsel nötig machte, hat sich die ungenügende Integration bitter gerächt. Denn ohne Kenntnisse einer Landessprache ist es schwieriger, in einem anderen Metier unterzukommen. In den späten 1990er- und den frühen 2000er-Jahren ist deshalb die Zahl der Invalidisierungen spürbar gestiegen – als Folge eines Versagens der Schweizer Migrations- und Integrationspolitik. Mit grossen Kosten für die Betroffenen und die Allgemeinheit. 

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