Nein zu höheren Billettpreisen, weniger AHV und Sparmassnahmen bei der Bildung. Und darum Nein zur ungerechten OECD-Reform

Blog Daniel Lampart

Die Einführung der OECD-Mindeststeuer sollte eigentlich für mehr Gerechtigkeit sorgen. Tatsächlich geschieht in der Schweiz das Gegenteil. Reiche Kantone wie Zug erhalten noch mehr Geld. Sie senken die Steuern für vermögende und einkommensstarke Haushalte. Der Bund hingegen spart, weil der Grossteil der Einnahmen aus der Mindeststeuer an die reichen Kantone fliesst. Wegen diesen Sparmassnahmen werden die ÖV-Billette teurer. Die AHV soll weniger Geld erhalten. Und der Bund spart bei der Bildung, was auch im Hinblick auf die Zukunft des Landes ein Unsinn ist. Auch bei der Kultur wird gespart.

Darum braucht es ein Nein gegen diese neue Ungerechtigkeit. Nach einem Nein muss das Parlament eine bessere Umsetzung der Reform ausarbeiten. Damit die Bevölkerung von den Einnahmen aus der besseren Besteuerung der Grosskonzerne profitiert. Und damit der Bund in die Zukunft unseres Landes investieren kann, anstatt dass die Steuern in den reichen Kantonen für Leute gesenkt werden, die bereits im Geld schwimmen.

Steuersenkungen in den reichen Kantonen, die Schweizer Bevölkerung geht leer aus

Die OECD-Steuerreform führt dazu, dass Grosskonzerne mit einem Umsatz von 750 Mio. Euro neu auf ihrem Gewinn mindestens 15 Prozent Steuern zahlen müssen. Damit steigen die Steuereinnahmen. Der Bund rechnet mit Zusatzeinnahmen von 1 bis 2.5 Mrd. Fr. Das Parlament hat entschieden, dass der grosse Teil dieser Einnahmen an die Tiefsteuerkantone zurückfliesst, anstatt dass die ganze Schweiz davon profitiert. 75 Prozent der Zusatzeinnahmen gehen direkt an die Kantone. Der Bund erhält auf dem Papier zwar 25 Prozent. Doch ein Drittel davon muss er an die Kantone abliefern – über den Finanzausgleich NFA. Den Rest muss er für die «Standortförderung» ausgeben. Die Schweizer Bevölkerung geht daher leer aus.

Der Kanton Zug wird jährlich 200 bis 400 Mio. Fr. aus der OECD-Steuer erhalten; das sind 1500 bis 3000 Franken pro EinwohnerIn. Obwohl er im Geld schwimmt. 2022 machte er einen Rekordüberschuss von 332 Mio. Fr. Mit den OECD-Einnahmen will er die Vermögens- und die Einkommensteuern senken sowie die Abzüge erhöhen. Davon profitieren in erster Linie die vermögenden und einkommensstarken Haushalte. Viel Geld erhält auch der Kanton Basel-Stadt.

Sparpolitik des Bundes auf Kosten der Bevölkerung und der Zukunft der Schweiz

Unter Bundesrätin Keller-Sutter schlägt der Bundesrat einen Sparkurs ein. Es fehle das Geld, sagt sie. Beim öffentlichen Verkehr, bei der Bildung, bei der Kultur und der internationalen Zusammenarbeit sind bereits ab 2024 Kürzungen vorgesehen. Ab 2025 soll auch beim Bundesbeitrag an die AHV und die Arbeitslosenversicherung sowie beim Bahninfrastrukturfonds gespart werden.

  • Bei der Einsparung im ÖV geht es insbesondere um eine Kürzung im regionalen Personenverkehr um 7.8 Prozent. Dies veranlasste die öV-Unternehmen (Alliance SwissPass) umgehend dazu, eine Erhöhung der Fahrpreise um durchschnittlich 4.3 Prozent per Dezember 2023 zu beschliessen. Damit ist klar, dass die RPV-Kürzungen direkt von den Fahrgästen getragen werden müssen. Noch stärker unter Druck wird zudem auch das Personal kommen, welches bereits vor den erwähnten Beschlüssen die Ankündigung von grossen Sparmassnahmen in der öV-Branche zur Kenntnis nehmen musste.
  • Bei der AHV will der Bundesrat 500 Mio. Fr. sparen. Er will die Witwenrenten verschlechtern. Und er sieht Kürzungen bei den Kinderrenten vor.
  • Bei den Bildungsausgaben wurde bereits im vergangenen Jahr gespart. Diese stiegen im Bereich der Berufsbildung und der Hochschulen je nur um ungefähr 1 Prozent und lagen damit sehr deutlich unter dem Wachstum der Wertschöpfung und der Teuerung, wobei der starke Anstieg der Anzahl AbgängerInnen der obligatorischen Schule sowie der Anzahl Studierenden (jeweils ungefähr 3 Prozent) ebenfalls noch unberücksichtigt bleibt. Für das laufende sowie für das kommende Jahr frisst nur schon die zu erwartende Teuerung von über 2 Prozent die geplante jährliche Nominalwachstumsrate der BFI-Ausgaben komplett auf. Betroffen sind die Berufs- und die Hochschulbildung.
  • Der Kulturbereich wurde bekanntlich besonders hart von der Pandemie getroffen und befindet sich heute noch immer in einer Wiederaufbauphase. Die für den Voranschlag 2024 geplanten Kürzungen der Kulturausgaben des Bundes um 2 Prozent kommen daher zur Unzeit. Auf Basis dieser tieferen Ausgaben soll danach im Rahmen der Kulturbotschaft 2025-2028 (geplante Eröffnung der Vernehmlassung im Mai 2023) ein Wachstumspfad beschlossen werden, der – trotz Teuerung – mit jährlich nominal 1.2 Prozent nicht einmal der Hälfte der Werte der laufenden Kulturbotschaft (2.9 Prozent) entspricht. 2028 stünden 31 Mio. Fr. weniger zur Verfügung. Betroffen sind die Filmförderung, das Nationalmuseum, sowie über Pro Helvetia fast alle Kultursparten.
  • Die Ausgaben für die Internationale Zusammenarbeit sollen bereits 2024 um zwei Prozent gekürzt werden und würden danach, so möchte es der Bundesrat, für die kommende Vierjahresperiode auf diesem tieferen Niveau eingefroren. Dies dadurch, dass das im Rahmen der neuen IZA-Botschaft beschlossene jährliche Ausgabenwachstum vollständig in den (heute noch keineswegs bezifferbaren) Wiederaufbau der Ukraine fliessen soll. Die Hilfswerke – darunter Solidar Suisse – hätten somit über die kommenden Jahre Einsparungen zu verkraften, welche noch weit schwerer wiegen als die zuletzt im Rahmen der Neuausrichtung der Internationalen Zusammenarbeit umgesetzten Kürzungen.

Ausgezeichnete finanzielle Lage der Kantone

2022 füllten sich die Kassen der Kantone. Nach Vorliegen der Jahresabschlüsse 2022 aus 24 von 26 Kantonen ergibt sich ein kumulierter Überschuss von 4.4 Milliarden, bei einem zuvor budgetierten Defizit von einer Milliarde. Für 2023 rechnen die Kantone mit stark steigenden Steuereinnahmen, welche die wegbleibenden SNB-Gelder bei Weitem übersteigen. Kumuliert betrachtet wurde zwar wie immer ein Defizit budgetiert, welches allerdings viel kleiner ist als in den Vorjahren, als jeweils riesige Überschüsse resultierten. Anstelle direkter Sparprogramme betreiben die Kantone ausgabenseitig bei ihren fundamentalen Aufgaben eine rigide Unterbudgetierung. Frappantes Beispiel sind die Prämienverbilligungen, die 2023 nur marginal angehoben werden – trotz Prämiensprung, Alterung und Bevölkerungswachstum.

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