Prämienschock: Gering- und Normalverdiener-Familien zahlen 12-15% für Krankenkassenprämien - auch mit HMO-Modell. In welcher Welt lebt der Ständerat, der bei den Prämienverbilligungen auf der Bremse steht?

Blog Daniel Lampart

Die Schweizerinnen und Schweizer sehen ihre finanzielle Lage ziemlich düster. So düster wie noch nie seit 1972, als die Konsumentenstimmungs-Umfrage des Bundes zum ersten Mal durchgeführt wurde. Das ist angesichts des bevorstehenden Krankenkassen-Prämienschocks, aber auch der steigenden Energiepreise und Mieten alles andere als überraschend.

Die Prämien belasten das Haushaltsbudget bereits vor dem Prämienschock schwer. Eine Studie im Auftrag des Bundes zeigt, dass die Schweizer Haushalte bereits 2020 14 Prozent des verfügbaren Einkommens für die Krankenversicherung aufwenden mussten. Sofern sie die freie Arztwahl und die Franchise von 300 Fr. gewählt haben. Diese Statistik wird immer wieder kritisiert. Man dürfe beim Prämienmonitoring nicht mehr dieses Modell nehmen. Denn in der Realität seien viele auf Alternativmodelle (HMO, Hausarzt usw.) ausgewichen und hätten ihre Franchise erhöht.

Grundsätzlich stimmt das. Denn wer kann sich heute noch ein Modell leisten, die vor 25 Jahren noch der Schweizer Standard war? Die tatsächliche Prämie ist effektiv tiefer, nämlich 373 Franken im Jahr 2020 gegenüber 470 Franken für die Standardprämie (Erwachsene). Die Prämienbelastung wäre 100 Franken tiefer und würde dann noch im Bereich von 11 Prozent des Einkommens liegen. Doch dieser Vergleich ist irreführend. Denn diese Statistik sind Prämien enthalten, die nur darum günstiger sind, weil die Versicherten mehr aus dem eigenen Sack bezahlen. Indem sie eine höhere Franchise wählten. Die tatsächlichen Ausgaben für Prämie, Arztbesuche und Medikamente sind in Wirklichkeit höher. Die Krankenkassen machen keine Geschenke.

Korrekter ist daher, wenn man die Standartprämie mit Alternativmodellen vergleich, die ebenfalls 300 Franken Franchise haben. Diese Prämie lag im Jahr 2020 bei 410 Franken. Der Verzicht auf die freie Arztwahl macht die Versicherung somit 13 Prozent günstiger. Die Einsparung ist vorhanden, aber nicht gewaltig. Gemessen am Einkommen wäre die Belastung dann immer noch bei mehr als 12 Prozent.

Bisher waren das alles Durchschnittswerte. Gerade Paare (mit und ohne Kinder) im untersten Einkommensviertel sind Belastungen von 15 bis 18 Prozent die Realität – das inklusive Prämienverbilligungen. Selbst wenn sie ein Alternativmodell wählen, zahlen sie immer noch 13 bis 15 Prozent für die Krankenkasse.

Der Bundesrat hat bei der Einführung des KVG in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre versprochen, dass niemand mehr als 8 Prozent des steuerbaren Einkommens für die Krankenkasse bezahlen muss und dazu die Prämienverbilligungen eingeführt. In der Realität sind wir sehr weit von diesem Ziel entfernt. Damit auch Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen einigermassen gut über die Runden kommen, braucht es deshalb dringend mehr Prämienverbilligungen.

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