FDP-Vertreter und wirtschaftsliberale Ökonomen haben verlangt, dass die Schweiz eine «Zuwanderungsabgabe» einführt. Diese soll die Einwanderung bremsen und Steuereinnahmen schaffen, die beispielsweise für Infrastrukturprojekte gebraucht werden können. Die Idee der Zuwanderungsabgabe geht auf den neoliberalen Ökonomen Gary Becker zurück. Dieser wollte mit der Abgabe die Steuern für alle senken.
Malaysia oder Singapur kennen eine solche Abgabe. Sie haben die Abgabe eingeführt, um die Migration stark zu beschränken – und sind damit gescheitert. Die Arbeitgeber in Malaysia und Singapur verlangten Arbeitskräfte aus dem Ausland und der Staat hat, wie überall, nachgegeben. Die Abgabe aber blieb bestehen. In Malaysia musste sie von den einwandernden Arbeitnehmenden bezahlt werden, weil das der Staat in gewissen Phasen so regelte oder weil die Arbeitgeber die Abgabe überwälzten. Die Bilanz der Abgabe ist schlecht.
Bei der Einführung einer solchen Abgabe stellen sich sehr viele Fragen. Ist sie einmalig oder laufend? Ist sie für alle gleich hoch oder zahlen Banken mehr als Bauern? Wird sie vom Arbeitgeber oder von den Arbeitnehmenden bezahlt? Ist sie höher für Arbeitnehmende, die ihre Familien mitbringen?
Die Gefahr von negativen Auswirkungen ist gross. Weil die Anstellung einer Arbeitskraft aus dem Ausland etwas kostet, werden zahlreiche Arbeitgeber ihr Personal wieder schwarz anstellen. Wenn beim Familiennachzug eine höhere Abgabe fällig wird, gibt es einen Anreiz die Kinder oder EhepartnerInnen nicht zu deklarieren oder zu verstecken. Wenn die Banken oder die Pharmafirmen mehr zahlen müssen als die Reinigungs- oder Gastrobranche, lohnt es sich, das Personal in Billigfirmen auszulagern, statt sie zu höheren Löhne selber anzustellen. Wenn sie einmalig und für Branchen unterschiedlich ist, dürften die Bauern plötzlich Bankanstellte einstellen, die nach einer Übergangszeit zu den Banken wechseln und dort zu arbeiten beginnen. Die Landwirte könnten dann von den Banken eine Prämie verlangen. Das alles zeigt: Bei der Zuwanderungsabgabe gäbe es gröbere Umsetzungsprobleme.
Zum Abschluss noch ein Verweis auf eine neu erschienene Studie zu den Auswirkungen des Brexits auf die Qualität der Spitalbehandlungen in England. Mit dem Brexit wurde die Personenfreizügigkeit aufgehoben und durch eine Art Punktesystem ersetzt. Der Anteil der PflegerInnen aus der EU in den Spitälern nahm ab. Die neu eingestellten aus anderen Regionen waren schlechter qualifiziert. In der Folge schätzten die Studien-Autoren mit ökonomischer (Schein-)Präzision, dass in der Folge zusätzliche 1485 Personen starben.