Restriktive Geldpolitik beziehungsweise Frankenüberbewertung kosten Wohlstand und Jobs

Blog Daniel Lampart

Die Schweizer Geldpolitik hangelt sich seit der Finanzkrise 2008 von einer Krise zur anderen. Letztmals bei der «Rettung» der CS. Das Hauptproblem ist der Franken, der sich seit Ende 2007 von 1.65 Fr./Euro sehr stark auf 0.93 Fr./Euro aufgewertet hat. Die SNB trägt dabei eine wesentliche Mitverantwortung. Als sich der Franken im Jahr 2010 an die im Markt implizit gut verankerten Untergrenzen von zuerst 1.45 und dann 1.40 Fr./Euro annäherte, sagte das Direktorium, dass sie den Franken «mittelfristig den Marktkräften überlassen» würden, was schliesslich eine unkontrollierte Aufwertung auslöste. Erst mit dem vom SGB geforderten Mindestkurs von 1.20 Fr./Euro kehrte wieder Ruhe ein. Als die SNB diesen Anfang 2015 fallen liess, gab sie den Marktteilnehmern kaum Orientierung, wo sie den Franken ungefähr haben will. Hinter den Kulissen sagen deshalb zahlreiche Akteure, dass sie SNB ihre Glaubwürdigkeit auf Jahre hinaus beschädigt hätte. Heute signalisiert die SNB, dass sie den «realen Aussenwert» einigermassen stabil halten wolle. Die Durchsetzung dieses Ziels ist allerdings nicht simpel, da es diesen Aussenwert nur in der Statistik gibt, nicht aber auf den Finanzmärkten.

Die starke Frankenaufwertung hat schmerzhafte Spuren hinterlassen. Die realen Exporte stagnieren seit dem Jahr 2008. Die realen Exporte der MEM-Branche sind sogar etwas tiefer.

Schweizer Warenexporte, Jan. 2000 =100, saisonbereinigt

Die Exportfirmen haben sehr viele Arbeitsplätze ins Ausland ausgelagert. Zunächst ab 2010 mit der steilen Aufwertung bis zum Mindestkurs 2012. Und dann 2015 nach der Aufhebung des Mindestkurses. Die Schweizer MEM-Firmen beschäftigen seit 2018 mehr Beschäftigte in ihren ausländischen Töchtern als im Inland. Das erklärt auch die gebetsmühlenartige Behauptung, die Frankenaufwertung seit eine positive Fitnesskur gewesen. Die Firmen konnten ins Ausland ausweichen. Leidtragende sind die Beschäftigten in der Schweiz, die stärker unter Druck sind und teilweise kaum Lohnerhöhungen hatten.

Beschäftigte der Schweizer MEM-Industrie im In- und Ausland, Jahresmittel

Für eine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz ist eine so starke Aufwertung insgesamt negativ. In der Vergangenheit entwickelte sich das Pro-Kopf-BIP der Schweiz ungefähr im Einklang mit Deutschland, wenn der Franken keine grossen Ausschläge machte. Die sehr starke Frankenaufwertung hat die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz gebremst. Die Schätzung unten zeigt, dass das Pro-Kopf-BIP mit einem Franken-Euro-Kurs von 1.45 ungefähr fünf Prozent höher liegen würde.

Pro-Kopf-BIP: Schweiz und Deutschland im Vergleich, 2000=100

Es wird immer wieder behauptet, dass die restriktive Geldpolitik der SNB eine höhere Teuerung ver-hindert hätte – insbesondere auch in den letzten Jahren. Das stimmt – wenn schon – nur zu einem geringen Teil. Hauptursache der im Vergleich zum Ausland geringeren Teuerung in der Schweiz war der Service Public beim Strom, die Landwirtschaftspolitik bei den Nahrungsmitteln mit Preiskontrollen und Zöllen sowie die geringere Bedeutung des Gases beim Heizen. Das zeigt eine Studie von SGB und IMK.

Der Wechselkurs ist für Geldpolitik in einer offenen Volkswirtschaft wie der Schweiz eine Schlüsselgrösse - für die Preisstabilität und für die Konjunktur (s. den früheren Blog). Die SNB stabilisiert heute den realen Wechselkursindex. Doch diesen gibt es nur in den Statistiken der SNB, nicht aber in der Realität. Um die Erwartungen und das Verhalten der Marktteilnehmer zu steuern, wird die SNB nicht darum herumkommen, sich an einem real existierenden Wechselkurs zu orientieren. Weil 70 Prozent der Importe aus der EU kommen, drängt sich ein Fokus auf den Euro auf. Die Zeit wäre günstig. Die SNB hat ein neues Direktorium. Und seit den Fehlern in der Vergangenheit ist einige Zeit verstrichen. 

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