Seit 2016 öffnet sich in der Schweiz wieder eine Lohnschere - hier die Fakten und Links

Blog Daniel Lampart

Viele Arbeitnehmende mit tieferen und mittleren Einkommen machen sich Sorgen, ob sie mit ihrem Geld noch über die Runden kommen werden. Die Teuerung läuft den Löhnen davon, die Energiekosten steigen und im nächsten Jahr kommt der Krankenkassen-Prämienschock. Es ist nicht überraschend, dass die Schweizer Haushalte ihre finanzielle Lage in der Umfrage zur Konsumentenstimmung noch nie so skeptisch einschätzten wie jetzt. «Kein Problem», meint Avenir Suisse, der Verband der Schweizer Multis. Und setzt noch einen drauf: «Die sich öffnende Lohnschere ist ein gewerkschaftliches Märchen».

Richtig ist, dass die Lohnentwicklung von 2008 bis 2014 ausgeglichener war. Weil die Gewerkschaften mit der Kampagne «keine Löhne unter 4000 Franken» bei den unteren Löhnen Vollgas gaben. Und weil es die Kader nach der Finanzkrise nicht mehr wagten, sich noch höhere Saläre auszuzahlen. Doch die Entwicklung danach gibt wieder Anlass zur Sorge.

In den Jahren 2016 bis 2021 gab es nach Abzug der Teuerung für alle etwas mehr Lohn. Doch die Lohnerhöhungen fielen insgesamt bescheiden aus. Die Tieflöhne stiegen um rund 10 Franken monatlich. Bei den mittleren Löhnen gab es real 80 Franken mehr Lohn.

Ganz anders bei den Topsalären: Hier ging es wieder stark aufwärts – als hätte es keine Abzockerdebatte gegeben. Die Gehälter der Topmanager stiegen gemäss der Lohnstrukturerhebung des BFS zwischen 2016 und 2020 real um 10.9 Prozent (bzw. nominal um 12 Prozent, s. Folie 12). Für 2021 gibt es erst Zahlen der Arbeitskräfteerhebung. Diese zeigen, dass sich die Lohnschere leider weiter öffnete. Die Einkommen der Manager erhöhten sich um real nochmals über 3 Prozent. Das gibt ein Plus von 3000 Franken pro Monat.

Der Teuerungsschock im laufenden Jahr machte die erreichten Fortschritte wieder zunichte. Die Kaufkraft der tiefen Löhne ist heute um 80 Franken pro Monat tiefer als 2016. Beim mittleren Lohn beträgt die Einbusse 60 Franken. Die obersten 10 Prozent und die Topmanager sind im Plus. Obwohl sie mit Jahresgehältern von über 150'000 Franken (oberste 10 Prozent) bzw. mehr als 300'000 Franken (Topmanager) sehr gut bedient sind.

Angesichts dieser Entwicklung braucht es eine Wende bei den Löhnen. Die laufenden Lohnverhandlungen sind relativ gut gestartet. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Doch darüber hinaus braucht es weitere Fortschritte. Das absolute Minimum sind 4000 Franken (x13). In den GAV müssen die Löhne in Richtung 5000 Franken (mit Lehre) bzw. 4500 Franken (für alle) gehen.

Wachstum der Reallöhne in Franken pro Monat

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