Tiefere Teuerung in der Schweiz: Auch weil wir mehr Service Public haben und den Strommarkt nicht liberalisierten

Blog Daniel Lampart

Die Teuerung in der Schweiz wird über das ganze 2022 etwas mehr als 2.5 Prozent betragen. Das ist viel weniger als in den meisten anderen Ländern. In den USA oder in Deutschland wird mit einer Jahresteuerung von 7 Prozent und mehr gerechnet. Es gibt verschiedene Gründe, warum die Inflation in der Schweiz tiefer ist. Ein Faktor ist der günstigere Energiemix der Schweiz, wodurch das Land weniger abhängig ist von fossilen Brennstoffen. In der Schweiz stammt rund die Hälfte der verbrauchten Energie aus Erdöl und Erdgas. In Deutschland und Italien machen Erdöl, Gas und Kohle hingegen mehr als drei Viertel des Energiemixes aus, was die Konsumentenpreise entsprechend in die Höhe treibt. Leicht teuerungsdämpfend wirkt auch der überbewertete Franken. Dadurch kann die Schweiz Produkte aus dem Ausland günstiger einkaufen kann als wenn der Franken schwächer wäre.

Ein unterschätzter Faktor ist aber insbesondere der Service Public. Die Schweizer Privathaushalte beziehen ihren Strom von regulierten Grundversorgern. Im Unterschied zu Deutschland, wo der sogenannte Strommarkt auch für Privathaushalte eingeführt wurde. Damit können die Stromanbieter die gestiegenen Kosten schneller an die Haushalte weitergeben als in der Schweiz. Die deutschen Strompreise stiegen innert Jahresfrist von rund 30 auf 40 Cent/kWh. Das sind rund 33 Prozent. In der Schweiz resultierte bisher ein Anstieg von 2.4 Prozent.

In der Schweiz ist rund ein Viertel der Preise der Konsumentinnen und Konsumenten reguliert. In den meisten EU-Ländern hingegen macht der Anteil der «administrierten Preise» nur rund ein Achtel aus. Neben dem Strom hat die Schweiz auch Preis- und Marktregulierungen beispielsweise bei der Post, im öffentlichen Verkehr oder bei Gebäudeversicherungen usw. In der EU wurden hingegen Post-, Energie- und Verkehrsdienstleistungen usw. dem Wettbewerb ausgesetzt. Die Folgen sind teilweise bemerkenswert. So hat die Deutsche Post noch zwei eigene Filialen. Eine am Hauptsitz und eine im Bundestag. Der Rest sind so genannte Agenturen.

 

Anteil administrierter Preise am Konsumwarenkorb in Prozent

Wenn die Strompreise im Grosshandel europaweit steigen, hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Schweiz. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die Versorgungsunternehmen die Strompreise auf 2023 von heute rund 21 auf neu 25 Rappen/kWh erhöhen könnten. Versorger mit eigenen Kraftwerken wie die BKW oder das EWZ haben bisher angekündigt, keine bzw. kaum Preiserhöhungen vorzunehmen. Aber auch bei den anderen ist der Spielraum für preisdämpfende Massnahmen noch nicht ausgeschöpft. Die Versorgungsunternehmen können auf Gewinn verzichten, inländische erneuerbare Energien priorisieren usw. Diese Massnahmen sollten nun ergriffen werden. 

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