Weltweit noch keine starken Lohnerhöhungen - eine Lohn-Preis-Spirale ist bis jetzt nicht erkennbar

Blog Daniel Lampart

Im laufenden Jahr ist die Teuerung weltweit gestiegen. In der Schweiz beträgt sie knapp 1 Prozent. Doch wie geht es weiter? Momentan sind die höheren Rohstoffpreise und die coronabedingten Lieferengpässe bei Vorprodukten die Haupttreiber. Damit die Teuerung dauerhaft höher ist, bräuchte es andere Faktoren.

Teuerung bedeutet, dass die Firmen ihre Preise erhöhen. Das können sie aber nur dann, wenn die Kundinnen und Kunden bereit sind, höhere Preise zu zahlen. Wenn die Wirtschaft schlecht läuft und die Firmen auf ihren Produkten sitzen bleiben, ist das nicht der Fall. Es braucht eine gute Wirtschaftslage mit entsprechenden Knappheiten auf den Märkten. Das ideale Teuerungs-Umfeld ist, wenn die Kundinnen und Kunden Schlange stehen.

Wenn dann noch die Produktionskosten steigen, facht das die Teuerung zusätzlich an. Denn die Firmen können ihre höheren Kosten relativ einfach auf ihre Kundschaft überwälzen. Einer der grössten Kostenblöcke sind die Löhne. In der Hochkonjunktur können die Gewerkschaften einfacher Lohnerhöhungen aushandeln als in der Rezession. Weil die Firmen Gewinne machen und das Geld dafür haben. Und weil sie wegen dem Personalmangel die Löhne erhöhen müssen, um attraktiv zu sein.

Die Konjunkturlage hat sich zwar in den letzten Monaten spürbar verbessert. Doch sind in der Schweiz nach wie vor über 200'000 Berufstätige auf Stellensuche und rund 50'000 in Kurzarbeit. Das ist noch kein Umfeld, in dem nennenswerte Teuerung entsteht. Wenn der Aufschwung weitergeht, kann sich das aber ändern.

Weltweit ist die Lohnentwicklung noch ziemlich unauffällig. In Deutschland und Österreich steigen die Tariflöhne mit rund 1.5 Prozent - also sogar spürbar weniger als die Teuerung. In den USA betrug der Lohnanstieg im September 4.2 Prozent, was noch nicht ausserordentlich ist. Einzig im Vereinigten Königreich geht es mit rund 7 Prozent markant aufwärts. Allerdings handelt es sich dabei um Durchschnittslöhne, was in der gegenwärtigen Corona-Zeit nicht besonders aussagekräftig ist. Denn wenn Tieflohnjobs wegfallen, steigen die Durchschnittslöhne auch dann, wenn niemand eine Lohnerhöhung erhält. 

 

Wachstum der Nominallöhne gegenüber dem Vorjahr

Endlich etwas Teuerung würde viele Probleme lösen. Die Zinsen würden steigen, was beispielsweise nach einer Übergangszeit zu einer Normalisierung in den Pensionskassen führen würde. Generell ist die Teuerung besser als ihr Ruf – solange sie nicht überbordet. Denn sie erleichtert den Strukturwandel in der Wirtschaft und gibt den Nationalbanken mehr Spielraum in der Konjunkturpolitik. Auch gewerkschaftlich hat sie Vorteile. Denn in Teuerungsphasen werden kollektive Lohnverhandlungen wichtiger. 

In älteren Lehrbüchern steht oft, dass die Teuerung durch die Geldmenge getrieben wird. Diese monetaristische Sicht wurde wesentlich durch Milton Friedmann geprägt, der sagte: "Inflation is always and everywhere a monetary phenomenon". Doch habe ich noch nie eine Firma getroffen, welche ihre Preise aufgrund der zirkulierenden Geldmenge festgelegt hat. Die Geldpolitik wirkt auf die Teuerung, indem sie die realwirtschaftliche Entwicklung beeinflusst. In offenen Volkswirtschaften zusätzlich über den Wechselkurskanal. Tiefe Zinsen lassen den Franken abwerten. Auslandprodukte werden dadurch teurer, was sich direkt auf das Preisniveau im Inland auswirkt. 

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