Schwangere Frauen gelten zu den besonders gefährdeten Personen. Dazu ist am 5.8.2020 das BAG nach Evaluation der neuen Evidenz zu COVID-19 und Schwangerschaft in Zusammenarbeit mit der Fachgesellschaft der FMH für Gynäkologie SGGG zum Schluss gekommen. Dies hat für die Betroffenen weitreichende Folgen. Sie müssen sorgfältig geschützt werden. Andernfalls kann ein Beschäftigungsverbot angeordnet werden und der Lohn muss weitergezahlt werden. Alle Details sind in diesem Beitrag und im angehängten Merkblatt aufgeführt.
Das sind die Pflichten des Arbeitgebers
Gemäss Artikel 6 Arbeitsgesetz und Artikel 10 der Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der COVID-19-Epidemie ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeitenden und die Präventionsmassnahmen gegen COVID-19 am Arbeitsplatz sicherzustellen. Er hat deshalb alle Massnahmen zu treffen, die besonders gefährdeten Arbeitnehmenden wie Schwangere zu schützen.
Die Arbeitgeber müssen gewährleisten, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und Abstand einhalten können. Hierzu sind entsprechende Massnahmen vorzusehen und umzusetzen. Kann der empfohlene Abstand nicht eingehalten werden, so sind Massnahmen gemäss dem STOP-Prinzip (Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung) zu treffen. Arbeitgeber und Betriebsverantwortliche sind für die Auswahl und Umsetzung dieser Massnahmen verantwortlich und sie müssen dafür finanziell aufkommen.
Die Mutterschutzverordnung fordert, dass bei einer Exposition gegenüber SARS-CoV-2 die Gesundheitsgefährdung für Mutter und Kind im Kontext der Tätigkeiten, des Immunstatus der Arbeitnehmerin und der getroffenen Schutzmassnahmen bewertet werden muss. Es ist sicherzustellen, dass eine solche Exposition zu keiner Schädigung von Mutter und Kind führt. Wie eine Schwangere am Arbeitsplatz geschützt werden muss, hängt von den Arbeitsbedingungen vor Ort ab. Eine Risikobeurteilung ist notwendig, wenn eine Exposition nicht ausgeschlossen werden kann. Dazu gehört auch der Arbeitsweg. Die Risikobeurteilung durch eine unabhängige Fachperson muss der Arbeitgeber zahlen. Sie kann vom behandelnden Arzt/Ärztin der Schwangeren verlangt werden (siehe unten).
Nota bene: der Arbeitgeber muss beweisen, dass keine Exposition am Arbeitsplatz stattfindet!
Wenn der Schutz nicht gewährleistet werden kann, muss der Schwangeren eine andere ungefährliche gleichwertige Arbeit zugewiesen oder das Home Office zu ermöglicht werden.
Das sind die Rechte der Frauen
Wenn eine Arbeitnehmende merkt, dass sie schwanger ist, soll sie mit dem betreuenden Arzt oder der betreuenden Ärztin reden. Er oder sie ist für die Beurteilung der Gesundheit und Wirksamkeit der Schutzmassnahmen verantwortlich und kann eine Risikobeurteilung verlangen.
Wenn keine Massnahmen möglich sind oder der Arbeitgeber keine Risikobeurteilung vornimmt bzw. die Vorgaben der betreuenden Ärztin oder des betreuuenden Arztes nicht umsetzt, hat die Frau das Recht und Arzt oder Ärztin die Pflicht, Konsequenzen zu ziehen: Der Arzt bzw. die Ärztin ist befugt, Anpassungen an die Arbeitsbedingungen zu formulieren oder ein Beschäftigungsverbot auszusprechen – mittels eines Attests.
Liegt ein solches vor oder wenn der Arbeitgeber keine ungefährliche gleichwertige Ersatzarbeit anbieten kann (z.B. Home Office), muss er weiterhin 80 % des Lohnes bezahlen, ohne dass die Arbeitnehmerin eine Arbeitsleistung schuldet.
Während Schwangerschaft sind Frauen vor Kündigung geschützt
Während der Schwangerschaft besteht ein Kündigungsschutz: Arbeitnehmerinnen darf während der ganzen Schwangerschaft und während 16 Wochen nach der Geburt nicht gekündigt werden (Artikel 336c Obligationenrecht). Der Kündigungsschutz besteht ab Beginn der Schwangerschaft, auch wenn die gekündigte Arbeitnehmerin erst nachträglich erfährt, dass sie im Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger war. Eine während der Sperrfrist erklärte Kündigung ist nichtig, d.h. sie bleibt wirkungslos auch nach Ablauf der Sperrfrist.
Ein Arbeitgeber kann also eine Schwangere nicht kündigen, weil diese ein Beschäftigungsverbot erwirkt.
Wie vorgehen bei Problemen?
- Behandelnde Ärztin oder behandelnden Arzt bei Schwangerschaft (Gynäkologie etc.) konsultieren und durch diese/n gegebenenfalls eine Risikobeurteilung verlangen, wenn keine vorliegt oder Zweifel daran bestehen. Mehr dazu bei gynécologie suisse SGGG.
- Gespräch mit Arbeitgeber suchen
- Bei Problemen Kontakt mit zuständigen Branchen-Gewerkschaften, kantonalen Arbeitsinspektoraten und SECO (coronavirus(at)seco.admin.ch sowie Tel. +41 58 462 00 66) suchen
Bei einer widerrechtlichen, nichtigen Kündigung sollte sofort der Rechtsweg gesucht werden. Dabei helfen die Rechtsdienste der Gewerkschaften oder bei kantonalen Rechtsauskunftsstellen für Arbeitstreitigkeiten