Ein starker Lohnschutz ist wichtig für die Arbeitnehmenden. Das zeigt der heute vom SECO veröffentlichte Bericht zu den Flankierenden Massnahmen (FlaM). Überall, wo kontrolliert wird, werden Verstösse aufgedeckt und Löhne nachbezahlt. Leider bleibt der Lohnschutz lückenhaft. Viele Kantone tun zu wenig. Die Kantone müssen mehr kontrollieren und bei wiederholtem Lohndumping Mindestlöhne erlassen.
Im vergangenen Jahr haben die Kontrolleurinnen und Kontrolleure rund 150’000 Löhne bei Schweizer Arbeitgebern und bei Entsendebetrieben aus dem Ausland überprüft. In fast jedem fünften Betrieb haben sie zu tiefe Löhne oder eine Scheinselbständigkeit entdeckt. In Branchen mit Gesamtverträgen (GAV), wo die Mindestlöhne klar definiert sind, zahlen sogar 27 Prozent der kontrollierten Betriebe zu wenig. In Branchen ohne GAV mit Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) oder Normalarbeitsvertrag (NAV) setzen einzelne Kantone die Massstäbe für orts- und branchenübliche Löhne zu tief an. Dadurch kommen auch Arbeitgeber mit Dumping-Löhnen durch die Kontrollen.
In Branchen mit AVE-GAV und NAV werden fehlbare Arbeitgeber sanktioniert und Löhne müssen nachbezahlt werden. In Branchen ohne AVE-GAV und NAV werden die Arbeitgeber mit zu tiefen Löhnen in «Verständigungsverfahren» lediglich aufgefordert, die Löhne anzupassen. Vier von fünf Entsendebetrieben mit zu tiefen Löhnen tut dies. Bei den fehlbaren Schweizer Arbeitgebern ist es dagegen nur jedes zweite Unternehmen. Die systematische Weigerung von Schweizer Arbeitgebern, korrekte Löhne zu zahlen, darf nicht mehr weiter hingenommen werden.
Viele Kantone kontrollieren kaum. Genf, Tessin, Zürich, Waadt und Neuenburg stemmen zwei Drittel aller Kontrollen von Arbeitgebern in Branchen ohne AVE-GAV und NAV Das erklärt sich nicht allein mit der Grösse der Arbeitsmärkte: Im Tessin wird im Durchschnitt ein Schweizer Betrieb ohne AVE GAV und NAV einmal alle vier Jahre kontrolliert. Im Kanton Zug dagegen werden die Betriebe nur alle 140 Jahre einmal kontrolliert. Auch in Bern, Freiburg oder St. Gallen haben Lohndumper wenig zu befürchten: Kontrollen finden dort alle 90, 80 bzw. 40 Jahre statt.
Der Bericht zeigt: die flankierenden Massnahmen sind nötiger denn je. Zu viele Arbeitgeber respektieren die orts- und branchenüblichen Löhne nicht. Die Kantone sind hier in der Pflicht:
- Es dürfen nicht weiter Dumping-Ansätze zur Definition von Orts- und Branchenüblichkeit herangezogen werden.
- Dort wo kaum kontrolliert wird, müssen mehr Kontrollen durchgeführt werden.
- Bei wiederholtem Lohndumping müssen Mindestlöhne erlassen werden – wie es das Gesetz vorsieht. Bisher haben das nur wenige Kantone getan. Genf, Tessin und das Wallis sind die einzigen Kantone, die mehr als einen NAV durchsetzen. In den meisten Kantonen passiert nichts. So zum Beispiel im Kanton Zürich, wo zwar regelmässig Dumping festgestellt wird, die Dumping-Arbeitgeber dem Kantondann aber in den Verständigungsverfahren auf der Nase herumtanzen und trotzdem keine Mindestlöhne erlassen werden.
So wie heute darf es nicht weitergehen: Die FlaM müssen verbindlich durchgesetzt werden. Die Ergebnisse des Berichts zeigen auch: eine Schwächung des Lohnschutzes wäre fatal.