Der Schweizerische Gewerkschaftsbund unterstützt die Öffnung gegenüber der EU, wenn die Löhne und der Service Public gesichert sind. Der heutige Orientierungsbeschluss des Bundesrates zu den innenpolitischen Verhandlungen korrigiert einen Teil der Verschlechterungen beim Lohnschutz. Das ist grundsätzlich positiv. Allerdings gibt es noch bedeutenden Handlungsbedarf. Bei der konkreten Ausarbeitung wird der SGB darauf bestehen, dass die Massnahmen wirksam und praxisnah gestaltet werden.
Das Abkommen schwächt nicht nur den Lohnschutz, sondern es erleichtert auch den Marktzugang für zwielichtige und halbkriminelle Firmen – indem beispielsweise die Kaution abgeschafft wird. Die Schweiz ist als Zielland mitten in Europa extrem attraktiv. Ohne Lohnschutz können die Firmen Schweizer Preise verlangen und ausländische Löhne zahlen. Im Unterschied zu Dänemark und anderen Ländern können in der Schweiz Firmen aus EU-Mitgliedstaaten mit 250 Mio. EinwohnerInnen in ihrer Landessprache arbeiten. Dazu kommen Subunternehmerstrukturen und ähnliche Entwicklungen, welche die GAV-Basis aushöhlen.
Die flankierenden Massnahmen müssen deshalb verstärkt und nicht geschwächt werden. Zentral ist, dass die aus dem Jahr 1956 stammenden Bedingungen für die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Gesamtarbeitsverträgen an die heutige Realität angepasst werden. Niemand würde heute mit einem Flugzeug dieses Baujahrs in die Ferien fliegen wollen. Auch der Kündigungsschutz sollte mindestens ILO-konform werden, damit das «Level playing field» gewährleistet ist, also gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet sind.
Die Delegiertenversammlung des SGB hat am 31. Januar 2025 Forderungen verabschiedet. Die AVE-Quoren sollten generell gesenkt werden. Die Temporärarbeit muss beschränkt werden. Die Schweiz sollte eine Auftraggeberhaftung einführen. Bund und Kantone sollten im Missbrauchsfall Normalarbeitsverträge einführen «müssen» und nicht nur «können» u. a.
Die Beschlüsse des Bundesrats sind ein erster, wichtiger Schritt. Die entscheidende Phase mit der konkreten Ausgestaltung der Massnahmen steht aber noch bevor. Das Ergebnis muss einen wirksamen autonomen Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen garantieren, damit die neuen Abkommen der Arbeitnehmenden in der Schweiz zugutekommen.
Neben dem Lohnschutz hält der SGB daran fest, dass der Service Public beim Strom und bei der Bahn gewährleistet sein muss.