Die als «Begrenzungsinitiative» bezeichnete Volksinitiative hat das Schweizer Modell, das die Personenfreizügigkeit mit der Kontrolle der Löhne und Arbeitsbedingungen verknüpft, frontal angegriffen. Die Annahme der Initiative hätte nicht nur das Ende der Personenfreizügigkeit zwischen der Europäischen Union und der Schweiz bedeutet, sondern auch die Flankierenden Massnahmen in Frage gestellt.
Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) begrüsst die deutliche Ablehnung durch die Abstimmenden am heutigen 27. September. Die Flankierenden Massnahmen, die von den Schweizer Gewerkschaften erkämpft und umgesetzt wurden, sind ein Vorbild, wie die Arbeitnehmerrechte diskriminierungsfrei gestärkt werden können, wie die Personenfreizügigkeit fair gestaltet werden kann. Sie sind ein Beitrag für ein soziales Europa. Denn sie sorgen dafür, dass die Vorteile der wirtschaftlichen Öffnung zu anständig bezahlten Arbeitsplätzen führen – und nicht zu verstärktem Lohndruck.
Der EGB setzt sich in ganz Europa und in den Gremien der EU für wirksame Massnahmen gegen Lohndumping und gegen eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ein. Lohndrückerei und zügelloser Wettbewerb führen letztlich nur zu Misstrauen gegenüber den Institutionen auf allen Ebenen. Es braucht das Gegenteil: Nur ein Europa, das den arbeitenden Menschen einen fairen und wirksamen Schutz bietet, hat eine Zukunft. In mehreren Mitgliedsstaaten und Gremien der EU zeigt der Druck der Gewerkschaften in diesen Fragen mittlerweile Wirkung und ein Gesinnungswandel findet stattDiesen Weg muss Europa weitergehen und nicht bestehende Schutzmassnahmen schwächen.
Eine Rückkehr zum alten Kontingentsystem hätte die aus der EU kommenden Arbeitnehmenden diskriminiert und ihre Rechte auf dem Arbeitsmarkt geschwächt. Die klare Ablehnung dieser Volksinitiative ist ein Etappensieg. An der Seite der Schweizer Gewerkschaften wird der EGB weiterhin die Flankierenden Massnahmen und den autonomen Lohnschutz in der Schweiz verteidigen – egal woher die Angriffe kommen. Denn für die Zukunft ist klar: Europa braucht mehr Rechte für Arbeitnehmende, mehr Lohnschutz und mehr Kontrollen.
Der EGB unterstützt darum die Haltung der Schweizer Gewerkschaften zum Entwurf des Rahmenabkommens mit der EU: Dieses Abkommen darf auf keinen Fall dafür genutzt werden, um die Flankierenden Massnahmen abzubauen. Denn sie schützen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz vor Sozialdumping und einer Abwärtsspirale bei den Löhnen – unabhängig davon ob sie dort wohnhaft oder als Entsandte tätig sind.