Stress bekämpfen statt multiplizieren!

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Artikel
Verfasst durch Luca Cirigliano

Zwei Ständeräte wollen Freipass für Stress

Immer mehr Menschen fühlen sich bei der Arbeit gestresst. Und trotzdem wollen die Ständerät/innen Graber und Keller-Sutter in den Dienstleistungsberufen einen Freipass für überlange Arbeitszeiten.

Eine neue Unia-Studie bestätigt es: In den Büro-Berufen nimmt der Stress zu. 15.4% der Befragten fühlen sich bei der Arbeit immer, 54.4% oft gestresst. Nur 6.2% sind nie oder selten gestresst. 58.7% geben "Zeitdruck" als Hauptgrund für diesen Stress an. Es folgen "häufige Unterbrechungen" (46%), "Leistungsdruck" (40.5%), "unklare Anweisungen" (34.3%), "überlange Arbeitstage" (29.9%) und "Arbeiten in der Freizeit" (17.5%). Die Umfrage zeigt zudem, dass in den Betrieben heute noch zu wenig präventiv gegen Stress unternommen wird. Dabei läuft seit 2015 ein sog. Vollzugsschwerpunkt von SECO und Kantonalen Arbeitsinspektoraten.

Ein Angriff auf jeden dritten Job

Besonders pikant: die Umfrage der Unia erfasst auch jene Arbeitnehmenden-Kategorien, die direkt von den Parlamentarischen Initiativen Graber und Keller-Sutter betroffen wären, die "leitenden Angestellten" sowie die "FachspezialistInnen" in den Dienstleistungen. Zur Erinnerung: Mit ihren Vorstössen wollen die Ständeräte Graber und Keller-Sutter sowohl die Arbeitszeiterfassung wie auch den materiellen Gesundheitsschutz betreffend Höchstarbeitszeiten, Pausen, Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot abschaffen.

Der Anteil der Personen mit Tertiärabschluss (Hochschulen und höhere Berufsbildung), die man als "FachspezialistIn" bezeichnen könnte, beträgt ca. 40% der aktiven Bevölkerung. Die "leitenden Arbeitnehmenden" machen ca. 34% der Arbeitnehmenden aus. In der Unia-Umfrage sind ähnliche Werte ermittelt worden.

Gesundheit - nicht unsere Sorge

Der völlige Verzicht auf Arbeitszeiterfassung wird dabei zynisch mit dem Wunsch der Arbeitnehmenden nach Autonomie begründet und als Vertrauensbeweis des Arbeitgebers für die Arbeitnehmenden verkauft. Dabei ist klar: Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit, die Flexibilität ermöglichen und die Gestaltungsautonomie der Menschen nicht beschneiden, sind bereits heute ohne weiteres möglich! Erst per 1.1.2016 wurden die Regelungen zur Arbeitszeiterfassung dereguliert. Viele Arbeitgeber zeigen sich damit zufrieden. Nur die am stärksten ideologisierten Branchenvertretungen wie Expertsuisse (Verband Wirtschaftsprüfer und Treuhänder) oder die Allianz "Denkplatz Schweiz" (loser Verbund von Versicherungsverband, Treuhand-Verband und ICT-Schweiz) wollen mit ihren extremen Forderungen den Arbeitnehmerschutz weiter aushöhlen. Und foutieren sich dabei um die Gesundheit der Arbeitnehmenden.

Immerhin: Kommission will vertiefen

Der SGB und seine Verbände wehren sich gegen diese Vorhaben, die letztlich zu Gratisarbeit führen. Immerhin: die vorberatende Kommission des Nationalrates hat die beiden Vorstösse nicht einfach durchgewinkt. Sie will die Problematik bis in den Mai vertieft abklären. Der SGB begrüsst diesen Entscheid als erstes Zeichen von Vernunft. Er wird sich auch für bessere Regulierungen im Problembereich "ständige Erreichbarkeit" und im Home-Office einsetzen. Und die Verbände des SGB werden dafür sorgen, dass in den GAV effiziente Gesundheitsmassnahmen gegen psychosoziale Risiken definiert werden.

 

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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