Frau erschöpft vor dem PC

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Stress, Belästigungen und Erkrankungen am Arbeitsplatz nehmen zu

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Medienmitteilung

Alarmierende Resultate für Arbeitnehmende bei der schweizerischen Befragung «Arbeit und Gesundheit 2012-2022»

Die Ergebnisse der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2012-2022 zeigen eine besorgniserregende Zunahme von Stress und emotionaler Erschöpfung am Arbeitsplatz, besonders bei Frauen und in bestimmten Branchen. Der SGB fordert umfassende Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, zur Prävention und Anerkennung psychosozial bedingter Berufskrankheiten sowie zur Bekämpfung von sexueller Belästigung und zur Unterstützung von Beschäftigten in Berufen mit hohem Frauenanteil. Und das Parlament muss endlich das Vorhaben zur Verschlechterung des Arbeitsgesetzes begraben.

Stress am Arbeitsplatz nimmt zu – besonders in der Gastronomie und im Sozialbereich

Der Anteil der Personen, die sich bei der Arbeit gestresst fühlen, ist von 18% im Jahr 2012 auf 23% im Jahr 2022 gestiegen. Über die Hälfte der Betroffenen fühlt sich zudem emotional erschöpft, was das Burnout-Risiko erhöht. 2022 gaben 25% der erwerbstätigen Frauen und 21% der Männer an, dass sie meistens oder immer Stress erleben. Besonders betroffen ist die Gastrobranche sowie das Gesundheits- und Sozialwesen, wo 29% der Beschäftigten Stress erleben. Vor dem Hintergrund, dass in der Schweiz bei einem 100% Arbeitspensum im Vergleich zum Ausland sehr viel gearbeitet wird, begegnen viele Arbeitnehmenden diesem erhöhten Stress und Druck mit einer (indirekt unfreiwilligen) Reduktion ihres Pensums, um nicht durch die Arbeit krank zu werden. Dies ist häufig in sozialen Branchen wie Gesundheitswesen oder Lehrberufen zu beobachten – was dann mit entsprechenden finanziellen Einbussen für die Arbeitnehmenden einhergeht. Dies ist inakzeptabel.

Es braucht dringend Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen: kürzere Arbeitswochen, weniger dichte Arbeitspläne, Einhaltung der Ruhe-Vorschriften und keine kurzfristigen Planänderungen.

Burnout- und Gewalt-Risiko bei Frauen erhöht

Der Anteil der Frauen, die sich bei der Arbeit emotional erschöpft fühlen, stieg von 20% im Jahr 2012 auf 25% im Jahr 2022. Die emotionale Erschöpfung, die zu Burnout führt, resultiert häufig aus der Nicht-Einhaltung des Arbeitsgesetzes. Viele Arbeitgeber lassen die gesetzlichen Pausen nicht einhalten, respektieren die Nacht- und Sonntagsruhe nicht und belästigen ihre Arbeitnehmenden noch zu später Stunde oder am Wochenende mit Mails und WhatsApp-Nachrichten. Dies im Rahmen von Homeoffice aber auch in Gewerbe-Branchen, wo z.B. per Whatsapp häufig in letzter Minute Einsatzpläne geändert werden. So können die Arbeitnehmenden nie wirklich abschalten.

2022 gaben 21% der Frauen und 16% der Männer an, bei der Arbeit Diskriminierung oder Gewalt erlebt zu haben. 8,4% der Frauen berichteten von Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts – im Vergleich zu 1,5% der Männer.

Der SGB fordert wirksame Präventionsmassnahmen und Nulltoleranz gegenüber sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Arbeitgeber tun viel zu wenig, um sexueller Belästigung zu begegnen. Der SGB fordert weiter die Anerkennung von Berufskrankheiten, die aus psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz resultieren, wie Stress, Belästigung und sexuelle Gewalt. Dazu ist eine regelmässige Anpassung der Liste der Berufskrankheiten nötig.

Keine weitere Verschlechterung der Gesetzgebung – im Gegenteil

Angesichts der obigen Zahlen ist es besonders schockierend, dass im Schweizer Parlament eine ganze Reihe von Vorstössen in der Pipeline sind, die den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz weiter verschlechtern würden. So will ein Vorstoss des FDP-Nationalrats Marcel Dobler den Schutz für viele Arbeitnehmende im Geltungsbereich des Arbeitsgesetzes aufheben. Ein weiterer Vorstoss des Aargauer FDP-Ständerats und Parteipräsidenten Thierry Burkart nimmt das Homeoffice als Vorwand, um Nacht- und Sonntagsarbeit im Büro einzuführen. Und weitere Vorstösse wollen die Sonntagsarbeit besonders für die bereits stark gestressten und häufig belästigten Verkäuferinnen und Verkäufer im Handel erweitern. Der SGB wird gegen diese Vorhaben kämpfen. 

Im Gegenteil braucht es statt Verschlechterungen einen besseren Schutz vor psychosozialen Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz sowie einen besseren Schutz für schwangere Arbeitnehmerinnen und die Einführung einer obligatorischen, universellen Krankentaggeldversicherung für alle.
 

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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