Mit selten dagewesenem Zynismus reitet Ständerat Erich Ettlin (Mitte/OW) zusammen mit GastroSuisse und einer knappen Mehrheit im Parlament einen Angriff auf die Mindestlöhne in der Schweiz. Dort, wo die kantonalen Stimmbürger:innen gemäss ihrer souveränen Kompetenz durch die Bundesverfassung Mindestlöhne beschlossen haben, will diese knappe Mehrheit per Gesetz diese Volksentscheide kippen und für nichtig erklären, sofern ein allgemeinverbindlich erklärter nationaler Gesamtarbeitsvertrag tiefere Löhne vorsieht.
Die Folge: Es könnten wieder Working Poors entstehen – Menschen, die z. B. in Genf und Neuenburg zu Tiefstlöhnen arbeiten müssten. Besonders in der Hochpreisinsel Genf könnten diese Löhne dazu führen, dass man sich trotz einer 100-Prozent-Stelle das Leben ohne Sozialhilfe nicht mehr leisten könnte.
Wer müsste solche Tiefstlöhne subventionieren? Die Steuerzahler:innen ebendieser Kantone, die sich klar für kantonale Mindestlöhne entschieden haben, um Working Poors zu verhindern.
Entsprechend ist das Vernehmlassungsresultat eindeutig ausgefallen: Alle Kantone, ausser Obwalden (der Heimatkanton von Ettlin), die Volkswirtschaftsdirektor:innenkonferenz (VDK), die Gemeinden, Verfassungsexpert:innen, das Bundesamt für Justiz – und der Bundesrat: Sie alle sind sich einig, dass diese Vorlage ein eklatanter Verfassungsbruch wäre. Sie würde die Souveränität der Kantone verletzen, den Föderalismus ausser Kraft setzen und gegen das Subsidiaritätsprinzip verstossen.
Selbst die Arbeitgeberverbände der Romandie, Centre Patronal und FER, lehnen die Vorlage von Ständerat Ettlin und GastroSuisse ab, da sie verfassungswidrig ist und den Volkswillen der betroffenen Kantone Neuenburg und Genf missachtet. Die FER fordert sogar ein Referendum, falls die Vorlage durchkommt.
Es ist kristallklar. Kantone, Bundesrat und Arbeitnehmende wollen keine Working Poors. Sie wollen auch nicht die Verfassungsordnung der Schweiz auf den Kopf stellen, den Föderalismus aushebeln oder das Subsidiaritätsprinzip über Bord werfen – nur weil gewisse Arbeitgeber wie GastroSuisse Tiefstlöhne zahlen und diese dann von der Allgemeinheit subventionieren lassen wollen.
Jetzt muss das Parlament konsequent handeln: die Stimmen der Kantone und Arbeitnehmenden hören, den Föderalismus und den kantonalen Volkswillen respektieren. Die Vorlage gegen kantonale Mindestlöhne muss nach dieser vernichtenden Vernehmlassung abgelehnt werden!