Ökonom Thomas Piketty zur Erbschaftssteuer: „Sehr überzeugend“

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"Selbstverständlich unterstüzte ich Ihre Initiative zu 100%"

Seit seinem bahnbrechenden Werk "Das Kapital im 21. Jahrhundert" gehört der Pariser Wirtschaftsprofessor Thomas Piketty zu den weltweit bekanntesten und renommiertesten Ökonomen. Nach Erscheinen dieses Buchs könnten wir nicht mehr auf gleiche Weise von Reichtum und Ungleichheit sprechen, sagt Nobelpreisträger Paul Krugman. Pikettys Spezialgebiet ist die immer drastischere Vermögenskonzentration. Der SGB hatte Gelegenheit, ihn zur Erbschaftssteuer zur befragen und stellte fest: Piketty ist ein grosser Fan der Initiative.

SGB: Herr Piketty, was denken Sie von der Erbschaftsteuer-Initiative, über die in der Schweiz am 14. Juni abgestimmt wird?

Thomas Piketty: Selbstverständlich unterstütze ich Ihre Initiative zu 100 %. Ich finde sie sehr überzeugend und sehr gut überlegt. Es gibt denn auch keinen Grund, dass jemand, der 100 000 oder 500 000 Schweizer Franken verdient, viel Steuern zahlt, während jemand, der 5 oder 10 Mio. Franken erbt, überhaupt nichts zahlt. Es geht um Steuergerechtigkeit, und die ist nicht je nach Staat verschieden. Deutschland, Grossbritannien, Japan, die USA und Frankreich sind sehr verschiedene Staaten. Aber alle kennen sie eine nationale Steuer auf Erbschaften.

Die Initiative verlangt einen Steuersatz von 20 % für den Teil der Erbschaft, der 2 Mio. Franken übersteigt. Die Gegner bezeichnen dies als viel zu hoch. Was meinen Sie?

Das ist überhaupt nicht hoch. Die angewandten Sätze für die höchsten Erbschaften betragen in den fünf oben genannten Staaten zwischen 30 und 50 %. Und dies unabhängig der politischen Ausrichtung der jeweiligen Regierung. Weder Merkel in Deutschland noch Cameron in Grossbritannien oder Abe in Japan sind besonders links – und dennoch halten sie an hohen Sätzen für hohe Erbschaften fest. An Sätzen, die klar höher sind als die von Ihnen vorgeschlagenen 20 %. Diese Steuer schont in den genannten Ländern bescheidene und mittlere Vermögen, was ich richtig finde. Das tut auch Ihre Initiative. Und dann noch dies: In Japan hat die Mitte-Rechts-Regierung den höchsten Satz der Erbschaftssteuer soeben auf 55 % gehoben.

Aber es gibt doch auch Staaten, die Erbschaften nicht besteuern ...

Das stimmt. Es gibt Staaten ohne Erbschaftssteuern – wie das Italien seit Berlusconi. Nur: soll die Schweiz wirklich in Berlusconis Fussstapfen treten?

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Premier secrétaire et économiste en chef

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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