Die Schweizer Arbeitswelt ist noch weit entfernt von echter Gleichstellung. Die heute publizierten Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass sich die Lohndifferenz zwar weiter verringert. Sie beträgt aber immer noch 16.2 Prozent. In Franken ist der Unterschied noch eindrücklicher: Frauen verdienen pro Monat im Durchschnitt 1’364 Franken weniger als Männer. Die neuen Zahlen offenbaren die nach wie vor erhebliche direkte Lohndiskriminierung. Denn fast die Hälfte dieser Lohndifferenz (44.9 Prozent) lässt sich nicht durch objektive Faktoren wie Branche, Ausbildung, Alter usw. erklären. Die nicht erklärbare Differenz hat sich ausserdem leider kaum verändert (von 45.3 auf 44.9 Prozent). Immerhin ist die Lohndifferenz bei Berufstätigen ohne Kaderfunktion weniger gross. Die gewerkschaftliche Arbeit bei den Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und in den Betrieben hat sich hier positiv ausgewirkt.
Allerdings haben nach wie vor sehr viele Frauen Löhne, die kaum zum Leben reichen. Berufe, in denen grossmehrheitlich Frauen arbeiten – sogenannte «Frauenberufe» –, sind schlechter bezahlt. Obwohl sie oft anspruchsvoll und mit viel Verantwortung verbunden sind. Trotz Lehre haben vier von zehn Frauen einen Lohn von weniger als 5’000 Franken pro Monat, wenn man den Lohn auf Vollzeit hochrechnet und 13 Monatslöhne unterstellt. Beispiele sind die Betreuung von Kindern oder SeniorInnen sowie der Detailhandel. Darüber hinaus zahlt sich die Berufserfahrung von Frauen weniger aus. Die Lohnzuschläge für Erfahrung und Dienstalter sind bei ihnen geringer als bei Männern.
Ein wesentlicher Teil der schlechteren Lohnsituation der Frauen hängt schliesslich mit der Betreuung eigener Kinder zusammen. Der SGB setzt sich deshalb weiterhin dafür ein, dass Kinderbetreuung als Service public organisiert wird, damit eine fairere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Männern und Frauen möglich wird. Dazu sind höhere öffentliche Investitionen in den Service public notwendig. Sie müssen auch zu besseren Arbeitsbedingungen in der Kinderbetreuung sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen führen.
Für den SGB ist klar: bei der Gleichstellung muss es viel schneller vorwärts gehen. Wir fordern Löhne von mindestens 5’000 Franken mit Lehre und mindestens 4’500 Franken für alle. In den GAV müssen entsprechende Mindestlöhne festgelegt werden. Lohngleichheit und die Erhöhung von Frauenlöhnen müssen Gegenstand aller sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen werden. Wo es keine GAV gibt – z. B. für Kitas oder im Detailhandel – müssen solche eingeführt werden. Daneben braucht es weiterhin konsequente Massnahmen gegen Lohndiskriminierung: obligatorische Lohnanalysen in allen Firmen und wirksame Sanktionen bei Lohndiskriminierungen.