Den Liberalisierungsunsinn bei der Post jetzt stoppen

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Verfasst durch Rolf Zimermann, Leiter SGB-Sekretariat

Der Bundesrat will die Post rasch liberalisieren und ermöglicht so weniger Grundversorgung, weniger Arbeitsplätze und tiefere Löhne für das Personal. Ein Konfrontationskurs also, der spätestens mit einem erfolgreichen Referendum zu korrigieren wäre.

Entgegen früherer Zusicherungen will der Bundesrat aus rein ideologischen Gründen eine schnelle Liberalisierung der Postdienste. Zuerst hat er auf Sommer 2009 völlig unbegründet nur drei Jahre nach der Einführung einer 100gr-Limite auch für Briefe ab 50gr private Konkurrenz zugelassen. Die gleichzeitig lancierte Totalrevision der Postgesetze liegt jetzt beim Ständerat und könnte schon in der Wintersession beraten werden. Sie will die Totalliberalisierung aller Postdienste. Die Grundversorgung der Post ist damit infrage gestellt, weil sie sich nur dank dem Restmonopol der Post finanzieren lässt. Gleichzeitig will der Bundesrat die Post in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft umwandeln und die Postfinance als ganz privatisierte AG auslagern. Dies alles, obwohl kein Grund zum Totalumbau besteht, weil die Post nach unzähligen Restrukturierungen auf dem neuesten Stand der Technik auch im internationalen Vergleich sehr effizient funktioniert.

Weniger Service und Hungerlöhne

Mit der neuen Reform droht ein Totalcrash. Die Liberalisierung öffentlicher Dienste bedeutet gemäss allen ausländischen Erfahrungen und bei der Post besonders: Sie werden teurer, beschäftigen weniger Arbeitskräfte und drücken auf die bereits tiefen Löhne. In Schweden, wo die Post seit 1996 liberalisiert ist, sind die Preise für Privatkunden und Gewerbebetriebe stark angestiegen, nur die Massenversände von Grossbetrieben wurden billiger. Die Postpräsenz im ganzen Land wurde abgebaut, die Beschäftigung nahm um 25% ab. Auf die Schweiz übertragen, könnten somit 10'000 Arbeitsplätze vernichtet werden. Dies ist gerade in der Krise inakzeptabel. Ebenso abzulehnen ist ein neues Lohndumping – die Liberalisierung der Post in Deutschland hat zu Hungerlöhnen von 6 Euro in der Stunde geführt.

Totalcrash droht zudem, weil Liberalisierung neben dem Druck auf die Löhne auch Abbau bei der Grundversorgung bedeutet. Die Post droht schon mit noch weniger Poststellen. Dagegen hat die Gewerkschaft Kommunikation (GeKo) im Sommer innert weniger Wochen 160'000 Unterschriften gesammelt. Die Bevölkerung will keinen Abbau der Poststellen und auch keine höheren Preise für schlechtere Dienstleistungen. Kein Wunder, hat eine GFS-Umfrage vom Sommer dieses Jahres ergeben, dass die Leute mit der Post sehr zufrieden sind. Sie lehnen die Liberalisierung des Bundesrats grossmehrheitlich ab.

Starke Verbündete

Von einer Liberalisierung profitieren nur wenige, konkret vor allem ausländisch beherrschte Konkurrenzfirmen, welche der bundeseigenen Post mit Rosinenpickerei in den Agglomerationen  ein gutes Geschäft abzwacken wollen. Dies geschieht auf Kosten der Arbeitsbedingungen und der Versorgungsqualität. Die Post muss ein öffentlicher Dienst bleiben, im ganzen Land, zuverlässig und preiswert. Dies wird mit der beantragten Liberalisierung und der drohenden Privatisierung gefährdet.

Die Gewerkschaften wehren sich seit Jahren dagegen. Es geht um gute Arbeitsplätze und Postdienste im ganzen Land. Zum Glück gibt es in dieser Frage auch starke Verbündete: viele Kantone, die grossen Städte, der Gemeindeverband, die Organisationen des Konsumentenschutzes, der Bauernverband sowie der Interessenverband der Berggebiete. Ein Referendum gegen die schädliche Postreform hat grosse Erfolgsaussichten. Das Parlament tut gut daran, dem Spuk bereits vorher ein Ende zu bereiten. 

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

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Reto Wyss
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