Die Probleme der älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt nehmen zu. Die Corona-Krise hat die Lage verschlechtert, über 55-jährige haben grössere Probleme, wieder eine Stelle zu finden. Gleichzeitig spricht sich der Bundesrat für ein höheres Rentenalter aus. Dem Vernehmen nach soll Bundespräsident Guy Parmelin sogar die Initiative der Jungfreisinnigen für Rentenalter 66/67 unterstützen. In diesem Kontext ist der heutige Beschluss, die nationale Konferenz zu den älteren Arbeitnehmenden zu beenden, ein Affront gegenüber den älteren Arbeitnehmenden. Die Konferenz, die vom SGB angestossen wurde, ist die Basis dafür, dass das Problem der älteren Arbeitnehmenden beim Bund endlich wahrgenommen wurde und die Überbrückungsleistung als erster konkreter Schritt eingeführt werden konnte. Der SGB fordert daher, dass die Lage der älteren Arbeitnehmenden verbessert und nicht verschlechtert wird – und dementsprechend auch die tripartite Konferenz weitergeführt wird.
Das Problem der Arbeits- und Erwerbslosigkeit hat sich in den letzten Jahren vergrössert. Besonders bedenklich ist die Entwicklung seit der Corona-Krise. Die Arbeitslosigkeit schoss zunächst steil in die Höhe und bildet sich seither nur schwach zurück. Sozialpolitisch ist die Arbeitslosigkeit von älteren Berufsleuten besonders besorgniserregend. Denn ältere Arbeitnehmende haben wesentlich grössere Probleme, wieder eine Stelle zu finden als jüngere – unabhängig von ihren Qualifikationen oder Lohnvorstellungen. Ein grosser Teil der älteren Arbeitslosen ist länger als ein Jahr ohne Erwerbsarbeit (Langzeitarbeitslose). Der Anteil der Ü55-ArbeitnehmerInnen an allen Langzeitarbeitslosen ist in jüngerer Zeit deutlich angestiegen. Langzeitarbeitslosigkeit wird immer mehr zu einem Problem, das insbesondere ältere Berufstätige betrifft.
Viele ältere Arbeitslose werden ausgesteuert, nachdem sie über lange Zeit erfolglos eine Stelle gesucht haben. Wenn ihnen die finanziellen Mittel ausgehen, sind sie auf Sozialhilfe angewiesen. Dazu kommt, dass heute wegen der restriktiveren IV-Praxis weniger IV-Neurenten für ältere Berufsleute gesprochen werden als früher. Die Sozialhilfequote der 50- bis 64-jährigen ist seit 2005 denn auch von 1.9 auf 3.0 Prozent gestiegen, viel stärker als in den anderen Altersgruppen.
Der gestiegene Druck auf die älteren Arbeitnehmenden führt auch zu mehr prekären Anstellungen. So arbeiten die 55- bis 64-jährigen häufiger in Temporärjobs. Angesichts der fehlenden Sicherheit, der geringeren Zahlungen an die berufliche Vorsorge (bei kurzen Einsätzen), der psychischen Belastung und des erhöhten Unfallrisikos dürften solche Temporäreinsätze oft unfreiwillig sein.
Ältere Stellensuchende haben es schwer. Sie schreiben viele Bewerbungen und erhalten dennoch Absagen. Teilweise mit fadenscheinigen Begründungen. Wer zusätzlich noch gesundheitliche Probleme oder gewisse Defizite in der Ausbildung hat, braucht ziemlich viel Glück, um wieder eine Stelle zu finden. Gleichzeitig ist es heutzutage wesentlich schwieriger, sich über eine Frühpensionierung oder eine IV-Rente aus dieser misslichen Lage zu retten.
Mit der Überbrückungsleistung hat sich die Lage der älteren Arbeitnehmenden in besonders schwierigen sozialen Verhältnissen zwar verbessert, doch die Umsetzung der ÜL harzt. Gerade für die Überwachung dieser Einführung, wäre eine Weiterführung des Dialoges notwendig gewesen. Einen weiteren Fortschritt stellt die Möglichkeit dar, dass Arbeitslose in der Pensionskasse verbleiben zu können. Doch es gibt nach wie vor Probleme, die gelöst werden müssen. Das ist auch im öffentlichen Interesse. Wenn Arbeitgeber ihre Verantwortung den älteren Arbeitnehmenden gegenüber nicht wahrnehmen, leiden nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Allgemeinheit; sie muss finanziell einspringen. Daher fordert der SGB, den Dialog mit Bund und Sozialpartnern weiterzuführen, damit die älteren Arbeitnehmenden nicht im Stich gelassen werden.