Der SGB steht einer Neugestaltung der Hinterlassenenrenten an die gewandelten gesellschaftlichen Entwicklungen und Familienstrukturen grundsätzlich offen gegenüber. Die heute geltenden Bestimmungen sind diskriminierend. Der SGB teilt die Einschätzung des Bundesrats, dass hinterlassene Elternteile mit Kindern im Falle einer Verwitwung besonders betroffen sind und einen besonderen sozialversicherungsrechtlichen Schutz über die AHV benötigen. Die primäre Ausrichtung der Hinterlassenenrenten auf die Betreuungs- und Erziehungszeit der Kinder ist entsprechend begrüssenswert. Auch überzeugt, dass diese Hinterlassenenleistung sowohl geschlechts- als auch zivilstandsunabhängig ausgestaltet und bis zum Erreichen des 25. Altersjahrs des jüngsten Kindes ausgerichtet werden soll. Daneben sieht der Bundesrat eine Übergangsrente zur Unterstützung von Hinterbliebenen ohne unterhaltsberechtigte Kinder vor und besondere Massnahmen für ältere, armutsgefährdete Hinterbliebene. Beide Instrumente sind aus Sicht des SGB zwar grundsätzlich zu begrüssen – ihre konkrete Ausgestaltung im Vorschlag des Bundesrats ist jedoch ungenügend.
Der SGB spricht sich dezidiert dagegen aus, dass die Neugestaltung der Hinterlassenenleistungen mit einem Leistungsabbau zugunsten der Bundesfinanzen verknüpft werden soll. Genau das sieht der Bundesrat aber vor. Gemessen an den Zahlen der AHV-Statistik 2022 entspricht die Vorlage des Bundesrats einer drastischen Kürzung des Gesamtbudgets der Hinterlassenenrenten um rund 50 Prozent. Ein Abbau, der vor allem Witwen trifft, die heute bereits eine Witwenrente erhalten. Diese Streichung bzw. Kürzung laufender Renten ist für den SGB inakzeptabel. Sie bedeutet für die betroffenen Frauen grosse (Rechts-)Unsicherheiten und löst Existenzängste aus. Die Streichung laufender Renten widerspricht auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die RichterInnen hatten darin explizit festgehalten, dass die Schweiz das Urteil nicht zum Anlass nehmen darf, die Renten betroffener Frauen zu kürzen oder zu streichen.
Der SGB setzt sich mit Nachdruck für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein – auch bei den Hinterlassenenrenten. Dabei bleibt unbestritten: die Ausgestaltung von Hinterlassenenleistungen ist gerade für die Frauen entscheidend. Der Anteil von Frauen bei den Verwitwungen liegt seit 50 Jahren konstant bei 70 Prozent. Eine Sparmassnahme kann und darf nicht als gleichstellungspolitischer Fortschritt verkauft werden.