Wegen Corona sei "die Lebenserwartung bei Geburt gesunken". Diese statistische Kuriosität zeigt: Die Rentenalter-Erhöhungsinitiative der Jungfreisinnigen ist nicht nur sozialpolitisch sondern auch statistisch ein Fehler

  • AHV
Blog Daniel Lampart

Die heutige Medienmitteilung des BFS ist von einer seltenen Kuriosität. Wegen der Corona-Pandemie sei «die Lebenserwartung bei Geburt 2020 in der Schweiz deutlich gesunken». Dabei waren Neugeborene, Kleinkinder und Kinder von der Pandemie kaum betroffen. Einzig bei den Menschen im Alter von 70plus war die Sterblichkeit erhöht.

Doch weil die Lebenserwartung aufgrund der Situation der momentan lebenden Bevölkerung berechnet wird, kann es solche Kuriositäten geben. Die Übersterblichkeit der 80plus im letzten Jahr fliesst in die Schätzung der Lebenserwartung von Neugeborenen ein.

Bisher konnte man solche statistischen Artefakte mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nehmen. Doch mit der Rentenalter-Initiative der Jungfreisinnigen hat sich das geändert. Die Initiative will das Rentenalter an die Lebenserwartung binden. Im Initiativtext steht: «Das Rentenalter ist an die durchschnittliche Lebenserwartung der schweizerischen Wohnbevölkerung im Alter von 65 Jahren gebunden».

Ironischerweise ist die statistische Lebenserwartung im Alter 65 aufgrund von Corona ebenfalls gesunken. Obwohl die coronabedingte Sterblichkeit bei den 65-Jährigen nicht auffällig war. Gemäss dem Initiativtext müsste das Rentenalter aufgrund von Corona um rund ein halbes Jahr gesenkt werden …

Die Corona-Pandemie macht die Schwächen der Schätzungen von Lebenserwartungen für alle sichtbar. Das zeigt, dass ein Anbinden des Rentenalters an die statistische Lebenserwartung nicht nur sozialpolitisch, sondern auch statistisch ein Fehler wäre.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

031 377 01 13

gabriela.medici(at)sgb.ch
Gabriela Medici
Top