Die "wirtschaftspolitische Agenda" der Wirtschaftsverbände ist nicht à jour - stark überschätzte Wirkung der Emissionsabgabe

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Blog Daniel Lampart

Die heute von Economiesuisse, Gewerbe- und Arbeitgeberverband präsentierte «wirtschaftspolitische Agenda» ist nicht à jour. Konkrete Vorschläge liefern Economiesuisse und Gewerbeverband wenige, sondern es werden vor allem die alten «ordnungspolitischen» Forderungen des «schlanken Staates», der «unabhängigen Nationalbank» und des Förderalismus in neuen Worten reaktiviert. Die konkreten Vorschläge beschränken sich vor allem auf die Teil-Abschaffung der Stempelabgabe und der Verrechnungssteuer sowie auf die Regulierungsbremse des Gewerbeverbandes.

Die Investitionen der Firmen sind in den letzten Jahren nur noch schwach gestiegen. Seit dem Frankenschock ist die Schweizer Investitionsaktivität geringer als in Länder wie Deutschland. Das ist nicht gut. Denn die Investitionen sind die Produktivität und die Einkommen von morgen.

Die «wirtschaftspolitische Agenda» wird daran kaum etwas ändern. Die geforderte Abschaffung der Emissionsabgabe führt vor allem zu Einnahmenausfällen beim Bund und löst kaum Investitionen aus. Die Bedeutung der Kapitalkosten für die Investitionen wird regelmässig überschätzt. Wenn sie entscheidend wären, müssten die Investitionen beispielsweise bei den gegenwärtigen Negativzinsen steil in die Höhe schiessen. Dass die Emissionsabgabe keinen relevanten Einfluss hat, zeigt die Entwicklung in der Vergangenheit, als der Satz der Abgabe mehrmals gesenkt wurde. Hätte die Senkung Investitionen ausgelöst, würde die Linie in der Grafik unten nicht parallel zu den Satzsenkungen zurückgehen. Zur Regulierungsbremse sei hier auf einen früheren Blog-Beitrag verwiesen.

Emissionsabgabe: Einnahmen im Verhältnis zum Realkapital

Es wäre gut, wenn die Dachverbände der Wirtschaft ihre alten «ordnungspolitischen» Grundsätze hinterfragen würden. Denn die Zeiten haben sich geändert. Im Zeitalter der Digitalisierung muss der Schweizer Föderalismus neu interpretiert werden. Weil neue, kantonsübergreifende Standards und Softwaresysteme Vorteile haben (wie aktuell die Covid-App). Die meisten Kantone sind zudem zu klein, um die für die zeitgemässen Digitalisierungsprojekte notwendigen Datenmengen zu haben. Zudem stellt sich die Frage, ob das heutige öffentliche Beschaffungsrecht innovativen Projekten nicht Steine in den Weg legt. Auch in der Geldpolitik gibt es Handlungsbedarf. Die neuen geldpolitischen Ziele der EZB und des FED sollten auch in der Schweiz dazu führen, dass das Inflationsziel angepasst wird. Und es stellt sich die Frage, wie die hohen SNB-Erträge volkswirtschaftlich möglichst sinnvoll verwendet werden. Die Kantone sind finanziell gut aufgestellt und brauchen nicht mehr Mittel. Es wäre daher klüger, wenn auch die AHV einen Anteil erhalten würde.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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