Deutlich tiefere Erwerbslosenquote in Deutschland als in der Schweiz. Die Nationalbank kann möglicherweise bald ihren Beitrag leisten, dass sich das wieder ändert.

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Blog Daniel Lampart

Die Schweiz war lange das Land mit der tiefsten Arbeitslosigkeit weit und breit. Deutschland, der nördliche Nachbar hingegen, galt mit Arbeitslosenraten im Bereich von 8 Prozent und mehr als der «kranke Mann» Europas. Heute hat Deutschland die Schweiz überholt, wenn man die international vergleichbaren Erwerbslosenzahlen nimmt. Ende 2021 war die Erwerbslosenquote in Deutschland bei 3.3 Prozent. Die Schweiz hatte hingegen eine Quote von 4.9 Prozent. Diese Entwicklung hätte hierzulande vor 30 Jahren eine mittlere Staatskrise ausgelöst. Und heute?

Erwerbslosenquote nach ILO: Schweiz und Deutschland (saisonbereininigt)

Relativierend kann man einwenden, dass die Arbeitsbedingungen in der Schweiz besser sind. Beziehungsweise dass in Deutschland zeitweise viele prekäre Jobs entstanden sind. Doch Deutschland holt auch hier auf. Die Einführung des staatlichen Mindestlohns im Jahr 2015 hat die Löhne in zahlreichen schlecht bezahlten Jobs verbessert – ohne dass die Erwerbslosigkeit gestiegen ist, im Gegenteil.

Was sind die Gründe hinter dieser für die Schweiz besorgniserregenden Entwicklung. Auffällig ist, dass sie nach der Finanzkrise und insbesondere ab dem Jahr 2010 eingesetzt hat. Das ist die Zeit, ab der sich der Franken gegenüber dem Euro sehr stark – von 1.50 Fr./Euro auf phasenweise fast Parität aufgewertet hat. Die Frankenüberbewertung hat eine zentrale Rolle gespielt.

Man kann das mit einem sehr einfachen ökonometrischen Modell veranschaulichen. Die Frankenaufwertung erklärt in diesem Modell einen Teil des Anstiegs bei der Erwerbslosigkeit im Vergleich zu Deutschland. Wäre die Aufwertung geringer gewesen, hätte sich auch die Erwerbslosigkeit in der Schweiz zurückgebildet. Das Modell unten simuliert die Erwerbslosigkeit, bei einem konstanten realen Wechselkurs gegenüber Deutschland ab dem Frühling 2010 (entspricht einer Aufwertung von 1.40 Fr./Euro auf ca. 1.20 Fr./Euro heute).

Erwerbslosenquote mit effektivem und günstigerem Frankenkurs

Diese Erkenntnis ist wichtig für die Geldpolitik in naher Zukunft. Sollte die EZB ihre Geldpolitik zu normalisieren beginnen, sollte die Nationalbank nicht mitziehen, sondern den Franken abwerten lassen. Zumindest solange sich keine ernsthaften Inflationsgefahren abzeichnen. Die Erwerbslosen in der Schweiz könnten etwas aufatmen. Sie hätten wieder grössere Chancen, eine Stelle zu finden.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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