Eine restriktive Geldpolitik ist gefährlich, wenn die Teuerung von externen Schocks kommt - kurz- und mittelfristig

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Blog Daniel Lampart

Die gegenwärtige Teuerung hat vor allem zwei Ursachen: Höhere Energiepreise und Lieferengpässe. Diese beiden externen Schocks bewegen sich nun wellenartig durch viele Produktegruppen – die Preise für Gas und Benzin, aber auch für Autos bis zum Brot steigen. In der Geschichte hatte die Teuerung hingegen meist andere, konjunkturelle Ursachen. Weil die Wirtschaft überhitzt war, konnten die Firmen die Preise in sehr vielen Produktegruppen gleichzeitig erhöhen.

Die klassische Geldpolitik ist für den zweiten Fall gedacht. Die Nationalbanken erhöhen die Zinsen, um die Konjunktur abzukühlen, so dass die Teuerung wieder zurückgeht. Für den ersten Fall ist diese Geldpolitik hingegen nicht geeignet. Denn momentan bremst bereits die hohe Teuerung die Konjunktur. In Ländern wie Deutschland eilt die Inflation den Löhnen mit hohem Tempo voraus. Bei Preiserhöhungen von 10 Prozent reichen die Lohnerhöhungen im Bereich von 3 bis 4 Prozent nie und nimmer aus, um die Kaufkraft zu erhalten. Der deutschen Wirtschaft droht eine Rezession mit steigender Arbeitslosigkeit – weil die Realeinkommen sinken. Eine Geldpolitik, welche mit Zinserhöhungen und Aufwertungen die Konjunktur zusätzlich bremsen will, macht alles nur noch schlimmer. Die Situation bei der Arbeitslosigkeit dürfte noch schlechter werden.

Rezessionen und Krisen hinterlassen auch mittel- oder längerfristige Spuren. Wer arbeitslos wurde, spürt das oft noch viele Jahre beim Lohn oder bei den beruflichen Perspektiven. Das gilt auch für jüngere SchulabgängerInnen, denen den Einstieg ins Berufsleben misslingt. Die Arbeitsmarktforschung spricht von einem Narbeneffekt («Scarring»). Der IWF, traditionellerweise keine keynesianische Organisation, hat diese mittelfristigen Auswirkungen in einem Bericht das G20-Treffen zu schätzen versucht und kommt auf BIP-Verluste von 7 bis deutlich über 10 Prozent (Link zur Studie, S. 10).

Die restriktive Geldpolitik wird oft damit begründet, dass dadurch eine «Lohn-Preis-Spirale» verhindert werden könne. Eine IWF-Forschergruppe hat dazu ebenfalls eine aktuelle Analyse publiziert. «Lohn-Preis-Spiralen» oder besser «Preis-Lohn-Spiralen» sind sehr selten. In 79 untersuchten Fällen in verschiedenen Ländern gab es nur wenige Episoden, wo sich die Teuerung nach 8 Quartalen verstärkt hätte. Im Normalfall läuft die Teuerung den Löhnen davon. Dann holen die Löhne auf. Bis sich die beiden wieder einigermassen im Einklang bewegen.  

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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