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Jahresabschlüsse 2023: Kantone mit prall gefüllten Kassen

  • Finanzen und Steuerpolitik
Artikel
Verfasst durch Reto Wyss

Während der Bund – in ökonomisch und finanzpolitisch widersinniger Art – auf allen Ebenen Sparpakete vorantreibt, zeigen die Rechnungsabschlüsse 2023 bei den allermeisten Kantonen einen grossen Handlungsspielraum. Dieser muss nun umso mehr im Sinne der Bevölkerung genutzt werden.

Fehlbudgetierungen bei Einnahmen und Ausgaben

Nach Vorliegen der Rechnungsabschlüsse 2023 aller Kantone zeigt sich ein kumulierter Überschuss der Erfolgsrechnungen von 2.2 Milliarden Franken, bei einem zuvor budgetierten Defizit von 1.6 Milliarden. Die Kantone begründen dieses «Verrechnen» um 3.8 Milliarden hauptsächlich mit unerwartet hohen Einnahmen vor allem aus Unternehmenssteuererträgen, aber auch aus den Einkommenssteuern sowie aus Erträgen aus Finanzanlagen und – in einigen wenigen Kantonen – aus Erlösen von Stromverkäufen. Ausgabenseitig gaben viele Kantone an, dass die Aufwände für die Schutzsuchenden aus der Ukraine tiefer als budgetiert ausfielen (dies einerseits, weil die Anzahl Schutzbedürftiger geringer war als prognostiziert und andererseits, weil der Bund einen grösseren Anteil der Kosten übernommen hat als budgetiert). Ebenfalls oft genannt werden tiefere Personalausgaben, was ungeachtet des allgemeinen Personalbedarfs deswegen unverständlich ist, weil für das vergangene Jahr schon die budgetierten Lohnanpassungen in fast allen Kantonen weit hinter der Teuerung zurückgeblieben sind.

SNB-Gewinne: Überoptimistisch veranschlagt

Negativ bemerkbar gemacht haben sich in vielen Rechnungen die im letzten Jahr komplett ausgebliebenen Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank. Kumuliert betrachtet haben die Kantone für das Jahr 2023 SNB-Gelder von 1.6 Milliarden budgetiert (im Durchschnitt entsprach dies etwas mehr als einer budgetierten zweifachen Ausschüttung). Und dies, obwohl gut argumentiert werden kann, dass zum Zeitpunkt der Budgetierung ein nötiger Verzicht auf Gewinnausschüttungen bereits weitgehend absehbar gewesen wäre. Rechnet man den SNB-Posten zur ausgewiesenen Differenz zwischen den Budget- und Rechnungsabschlüssen hinzu, klaffen diese insgesamt um 5.4 Milliarden Franken auseinander – eine horrende Summe. 

Unternehmenssteuern: Gravierende Disparitäten

Es gibt einige Kantone, deren positive Rechnungsabschlüsse besonders ins Auge stechen. So schneiden die Erfolgsrechnungen von Zürich und Aargau um 351 Millionen respektive 416 Millionen Franken besser ab als budgetiert (im Falle von Zürich gilt dies trotz einer budgetierten SNB-Gewinnausschüttung von 239 Millionen). Noch ausgeprägter ist die Differenz allerdings für die Kantone Basel-Stadt (421 Millionen Franken), Zug (213 Millionen) und vor allem Genf mit einer Rechnung, die um sage und schreibe 1.9 Milliarden Franken besser abschliesst als budgetiert. Nun handelt es sich bei diesem Trio ausgerechnet – honi soit qui mal y pense – um jene drei Kantone, die von der Schweizer Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung der Unternehmensgewinne am meisten profitieren werden. Denn gemäss beschlossener Bundesvorlage werden drei Viertel der Mehreinnahmen der sogenannten Ergänzungssteuer bei den Kantonen verbleiben. Auf Genf, Zug und Basel-Stadt wird dabei der Löwenanteil entfallen. Dies, obwohl die Unternehmenssteuereinnahmen dort bereits ausserordentlich hoch und eben im letzten Jahr – noch vor Umsetzung der OECD-Vorlage – weiter ausserordentlich stark gestiegen. Klar ist damit bereits heute, dass die Kantone – insbesondere die Finanzstarken – umso mehr in der Verantwortung stehen, die zu erwartenden zusätzlichen Milliarden explizit zum Wohle der Bevölkerung dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Prämienverbilligungen

Mitunter am gravierendsten ist die mangelnde Ausgabenbereitschaft der Kantone zweifelsohne den Verbilligungen der Krankenkassenprämien (siehe auch vorherige Analysen des SGB). Seit Jahren zieht sich ein Grossteil der Kantone aus dieser ihnen integral zugedachten Aufgabe zurück, wobei sie davon leider auch im letzten Jahr nicht zurückgeschreckt sind: Obwohl die mittleren Prämien im Jahr 2023 schweizweit um ganze 5.4 Prozent angestiegen sind (und zusätzlich die Bevölkerung gewachsen ist), haben gemäss den ersten Rechnungszahlen mindestens sieben Kantone ihre Mittel für Prämienverbilligungen nominal weiter gekürzt. Das ist ein absoluter Affront gegenüber der Normalbevölkerung, welche damit zusätzlich zum zu verkraftenden weiteren Prämiensprung noch mehr belastet wird. Anstatt sie zu kürzen, müssten die Kantone ihre Mittel für Prämienverbilligungen im Gegenteil massiv erhöhen. Und sie könnten dies absolut problemlos und sofort tun: Denn wie schon in den beiden Vorjahren, hätten die kumulierten Rechnungsüberschüsse der Kantone (2.2 Milliarden Franken) auch im Jahr 2023 gereicht, um die kantonalen Mittel für Prämienverbilligungen zu verdoppeln!
 

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

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