Neue Teuerungsziele von EZB und FED: Nationalbank sollte geldpolitische Strategie überarbeiten

  • Geld und Währung
Blog Daniel Lampart

Die grossen Zentralbanken EZB und FED haben jüngst die geldpolitischen Strategien angepasst. Sie wollen nun die Teuerung im Mittel bei zwei Prozent halten. Die Geldpolitik wird etwas weniger restriktiv. Das alte Ziel der EZB lautete: «nahe» bei zwei Prozent, aber möglichst darunter. Das alte FED-Ziel war etwas diffuser.

Die Schweizerische Nationalbank SNB hingegen hält an der bisherigen Strategie fest. Sie strebt eine Teuerung von unter 2 Prozent an. Im Vergleich zu den grossen Schwestern ist die SNB-Strategie somit noch restriktiver geworden. Das bedeutet, dass sich der Frankenkurs tendenziell aufwertet und dass die SNB bei Teuerungsrisiken früher mit Zinserhöhungen gegensteuern muss.

Was heisst das für Löhne und Arbeitsplätze? In der Ökonomie gibt es verschiedene Theorien. Etwas vereinfacht besagt die eine, dass eine höhere Teuerung positive Auswirkungen auf Löhne und Arbeitsplätze hat. Weil sie den Strukturwandel begünstigt. Und weil sie mit einer tieferen Arbeitslosigkeit verbunden ist. Die Gegentheorie folgt der Logik des «Fitnessprogramms», wie sie in der Schweiz in der Zeit der starken Frankenaufwertung vertreten wurde. Eine restriktive Geldpolitik zwingt die Firmen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem haben Rezessionen gemäss dieser Theorie eine strukturbereinigende Wirkung.

Die Erfahrung der starken Frankenaufwertung weist darauf hin, dass die negativen Effekte dominieren. Eine Studie der KOF/BSS zur F&E-Tätigkeit und den Investitionen der Schweizer Unternehmen zeigt, dass die Firmen in der Aufwertungsphase weniger in die Zukunft investierten – u.a. weil ihnen aufgrund des Wechselkursschocks das Geld dazu fehlte. Die Schweizer Ausrüstungsinvestitionen nahmen in dieser Zeit weniger stark zu als beispielsweise diejenigen in Deutschland.

Ausrüstungsinvestitionen im Vergleich (2005=100)

Interessant ist auch eine an der Zentralbanken-Konferenz von Jackson Hole letzte Woche präsentierte Analyse. Diese betont die Chancen einer weniger restriktiven Politik bzw. einer höheren Teuerung für die Arbeitsplätze und die Löhne, weil das den Strukturwandel begünstigt. Die Anpassung der Wirtschaft geht schneller – insbesondere entwickelten Wirtschaften, wo die Löhne kaum gesenkt werden. Wenn die Zentralbanken eine höhere Teuerung und damit indirekt auch stärkere Lohnerhöhungen zulassen, können die Löhne der neuen, produktiveren Branchen im Vergleich zu den bestehenden, weniger produktiven Branchen schneller steigen. Das macht den Wechsel in die neuen Branchen für die Arbeitnehmenden – aber auch für die Arbeitslosen – attraktiv.

Die Schweiz muss sich deshalb rasch überlegen, wie sie ihre geldpolitische Strategie an das neue geldpolitische Umfeld anpasst. Es gäbe gute Gründe, das neue Ziel der EZB zu übernehmen.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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