Der Mietpreis-Hammer
Der Mietpreis-Hammer
Hintergrund und Argumente
Seit Jahren sind die steigenden Mieten Kaufkraft-Killer Nummer 1. Mit der Erhöhung des Referenzzinssatzes muss die Hälfte der MieterInnen per Oktober 2023 wieder mit einer saftigen Mietzinserhöhung rechnen. Weil weitere Erhöhung des Referenzzinssatzes angekündigt sind, werden die Mieten bis Ende 2024 durchschnittlich um bis zu 8 Prozent steigen. Anstatt die MieterInnen zu entlasten, wird vom Parlament aber ein weiterer Angriff auf das Mietrecht geplant. Damit soll die Umverteilung der Bevölkerung zu den Immobilien-BesitzerInnen noch verstärkt werden.
Entwicklung der Mieten
- Die MieterInnen geben im Jahr 2022 13 Prozent mehr für die Miete aus als 15 Jahre zuvor, bei einer allgemeinen Teuerung von 3.3 Prozent in diesem Zeitraum.
- Laut BFS mussten 2017 (letzte verfügbare Datenbasis) rund 20 Prozent der MieterInnen mehr als einen Drittel des Bruttoeinkommens für die Nettomiete aufwenden. Diese rund eine Million Niedrigverdienende beziehen einen Bruttolohn von unter 5000 Franken im Monat.
Referenzzins und Teuerung
- Der hypothekarischer Referenzzinssatz wurde per 1. Juni 2023 von 1.25 auf 1.50 Prozent angehoben. Damit dürfen die auf dem aktuellen Referenzzinssatz basierenden Nettomieten gemäss Verordnung (Art. 13 VMWG) per 1. Oktober um (höchstens) 3 Prozent erhöht werden.
- Gemäss ZKB sind 49 Prozent der MieterInnen entweder kürzlich umgezogen oder haben alle Mietzinssenkungen der letzten 14 Jahre beansprucht. Damit muss potenziell gut die Hälfte der MieterInnen per Oktober 2023 mit einer Mietzinserhöhung rechnen. Zwar haben in einer ersten Reaktion einige grössere Immobilienverwaltungen angegeben, mit einer unmittelbaren Mietzinserhöhung noch zuzuwarten, gemäss ersten Erfahrungswerten werden aber flächendeckend «eingeschriebene Briefe» verschickt (viele allerdings mit Erhöhungen erst ab November oder Dezember). An der Annahme, dass rund die Hälfte der Mieten erhöht werden wird, kann daher gut festgehalten werden.
- Gemäss Mietverordnung (Art. 16 VMWG) dürfen zusätzlich 40 Prozent der seit der letzten Mietzinserhöhung angefallenen Teuerung auf die Mieten überwälzt werden, was – unabhängig vom dem Mietzins zugrunde liegenden Referenzzinssatz – auf alle Bestandsmieten anwendbar ist. Ausserdem sind immer noch viele MieterInnen an fünfjährige Mietverträge gebunden, die eine Klausel zur hundertprozentigen Indexierung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise enthalten.
- Als drittes Element dürfen gemäss Rechtsprechung de facto jährlich pauschal 0.5 Prozent «allgemeine Kostensteigerungen» auf die Mieten überwälzt werden. Dabei handelt es sich um alle nicht verbrauchsabhängigen Nebenkosten wie z. B. Gebühren, Objektsteuern, Baurechtszinse, Versicherungsprämien und Unterhaltskosten.
- Darüber hinaus besteht die berechtigte Sorge, dass gewisse VermieterInnen die Mieten unerlaubterweise heraufsetzen werden (im Windschatten der für viele MieterInnen unklaren Informationslage). Nur wer in den vergangenen Jahren Mietzinssenkungen an seine MieterInnen weitergegeben hat, darf die Mieten nun auch erhöhen. Doch nur rund ein Drittel aller MieterInnen haben die Mietzinssenkungen auch eingefordert und wären nun entsprechend von Erhöhungen betroffen.
- Die Banken UBS, CS und Raiffeisen rechnen in ihren Hauptprognoseszenarien mit einem Anstieg des Referenzzinssatzes um weitere 0.25 Prozent im Dezember 2023 (sowie circa ein Jahr später mit einem weiteren Anstieg). Damit dürften die Mieten per 1. April 2024 direkt um weitere 3 Prozent erhöht werden. Dazu kommen abermals 40 Prozent der aufgelaufenen Teuerung sowie die allgemeine Kostensteigerung von 0.5 Prozent für ein halbes Jahr, womit der gesamthaft zulässige Anstieg per 1.4.2024 rund 4 Prozent betragen dürfte. Dies dann aber für annähernd alle Miethaushalte, da davon ausgegangen werden kann, dass seit der letzten Erhöhung des Referenzzinses ein Grossteil der laufenden Mietverhältnisse auf dem aktuellen, neuen Referenzzins basiert.
► Der allgemeine durchschnittliche Anstieg der Mieten kann vor diesem Hintergrund für 2023 auf 0.9 Prozent und für 2024 auf 5.8 Prozent geschätzt werden.
► Für einen direkt betroffenen Haushalt, dessen Miete auf dem aktuellen Referenzzins basiert, betrüge die zulässige Erhöhung 7 Prozent per 1.1.2023 und 4 Prozent per 1.4.2024.
Aktuelle politische Entwicklungen
Die Rechtskommission des Ständerats hat im Juni die beiden Parlamentarischen Initiativen 15.455 («Missbräuchliche Untermiete vermeiden») und 18.475 («Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf des Vermieters oder seiner Familienangehörigen») wie erwartet als Zweitkommission angenommen. Es ist davon auszugehen, dass der Ständerat in der Herbstsession diesem Entscheid folgen wird und die beiden Geschäfte in der Schlussabstimmung vom Parlament verabschiedet werden.
Mit den beiden Parlamentarischen Initiativen wird das Mietrecht geschwächt und der Kündigungsschutz wird aufgeweicht. Der Mieterverband bereitet sich deshalb schon länger auf ein erstes Doppelreferendum vor (siehe etwa hier: www.mietrechts-angriff-nein.ch). Das «erste» deshalb, weil in einem zweiten Schritt mit einem weiteren Doppelreferendum zu direkt die Miethöhe betreffenden Verschlechterungen zu rechnen ist (auch wenn dies etwas weniger schnell geschehen wird als ursprünglich befürchtet): Es handelt sich dabei um die beiden Parlamentarischen Initiativen 16.451 («Für Treu und Glauben im Mietrecht. Anfechtung des Anfangsmietzinses nur bei Notlage des Mieters») und 17.493 («Beweisbare Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit der Mieten schaffen»).
Dringende mietpolitische Forderungen:
Regelmässige Prüfung der zulässigen Mietrendite durch die Einführung einer obligatorischen Revisionspflicht. Die Verantwortung für die Mietzins- und Renditekontrolle muss wieder vom Staat übernommen werden.
- Unmissverständliche gesetzliche Vorgabe, dass energetische Sanierungen – insbesondere bei einer finanziellen Beteiligung durch die öffentliche Hand – nicht auf die Mieten überwälzt werden dürfen.
- Ausbau des Kündigungsschutzes (und nicht Abbau, wie vom Parlament vorangetrieben).
- Ausbau der in der Verfassung definierten Förderinstrumente für gemeinnützigen Wohnungsbau (Art. 108 BV) sowie Einführung eines Vorkaufsrechts für Bund, Kantone und Gemeinden.
- Abschöpfung der Planungsmehrwerte sowie der Mehrwerte aufgrund öffentlicher Infrastrukturinvestitionen.
Den Mietpreishammer stoppen:
Die Mieten deckeln!
- Am 16. September 2023, Besammlung 13.30 Uhr, Schützenmatte, Bern.
- Infos zu den Extrazügen folgen