Die Löhne sind im Jahr 2023 zum dritten Mal in Folge gesunken, jetzt braucht es eine Trendwende. Die anstehende Lohnrunde ist entscheidend. Es braucht 5 Prozent mehr Lohn. Das ist nötig, weil alle Preise und die Produktivität gestiegen sind und die Löhne zu lange stagniert haben. Die Wirtschaft läuft gut und die Arbeitslosigkeit bleibt tief: Die Arbeitnehmenden müssen endlich etwas von der guten Konjunktur sehen. Arbeitgeber klagen über «Fachkräftemangel», erhöhen aber vor allem die Profite und die Gehälter der Chefetage. Jetzt braucht es Verbesserungen für alle.
Die Löhne sinken 2023 zum dritten Mal in Folge. Das gab es seit dem 2. Weltkrieg noch nie. Entsprechend sind die Löhne heute fast 3 Prozent tiefer als im Jahr 2020. Obwohl die Wirtschaft gut läuft und die Arbeitslosigkeit tief ist. Und obwohl die Arbeitgeber über einen «Fachkräftemangel» klagen. Von der guten Konjunktur sahen die Arbeitnehmenden wenig bis nichts.
Profitiert haben hingegen die Unternehmen. Viele haben aufgrund der guten Absatzsituation und der Lieferengpässe ihre Preise und Margen angehoben. Die grossen Schweizer Firmen sind in ihren jüngsten Quartalsberichten teilweise geradezu euphorisch. Nur mit Blick auf die Lohnrunde werden wieder düstere Perspektiven prognostiziert, doch diese Lohnrunde lassen sich die Erwerbstätigen nicht mehr abspeisen. Jetzt muss es aufwärtsgehen. Notfalls mit Kampfmassnahmen. Über den Sommer werden die Lohnforderungen und Verhandlungen in den Brachen vorbereitet. Die SGB-Gewerkschaften lancieren den Lohnherbst am 16. September mit einer Gross-Demonstration in Bern.
Der Lohnrückstand ist mittlerweile gross. Die Löhne müssen so stark steigen wie die Teuerung und die Arbeitsproduktivität, damit die Verteilung zwischen Arbeit und Kapital gleich bleibt. Andernfalls verdienen die Arbeitgeber auf Kosten der Arbeitnehmenden mehr. In den letzten Jahren war dies leider der Fall. Seit 2015 stiegen die Nominallöhne um rund 7.5 Prozent, während Teuerung und Produktivität zusammen um mehr als 14 Prozent zulegten. Ähnlich wäre das Bild, wenn man den Zeitraum von 2010 bis 2023 vergleichen würde. Der Lohnrückstand beträgt über 5 Prozent, weitgehend unabhängig vom Zeitraum, der verglichen wird.
Die finanzielle Lage der Bevölkerung hat sich spürbar verschlechtert. Höhere Preise für Produkte des täglichen Bedarfs, steigende Mieten und Krankenkassenprämien haben viel Kaufkraft gekostet. Auf 2024 werden Mieten und Krankenkassenprämien erneut kräftig steigen. Dazu kommt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4 Prozentpunkte. Wenn es keine Lohnerhöhung gibt, wird ein Paar mit zwei Kindern im kommenden Jahr 3’000 Franken weniger zur Verfügung haben.
SGB-Chefökonom Daniel Lampart hält fest: «Eine Lohnerhöhung von 5 Prozent ist nötig, der Nachholbedarf der letzten Jahre ist erheblich. Das Produktivitätswachstum und das wirtschaftliche Umfeld erlauben diese Lohnerhöhung.»
SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard betont: «Firmen erhöhen ihre Preise. Geht es hingegen um die Löhne, heisst es, die Kassen seien leer. So kann es nicht weitergehen, mit den Löhnen muss es aufwärtsgehen. Deshalb rufen die Gewerkschaften zu einer nationalen Gross-Demonstration am16. September in Bern auf.».
Véronique Polito, Vizepräsidentin Unia, erklärt: «Die Löhne in den Branchen mit Frauenmehrheit haben sich unterdurchschnittlich entwickelt, den Reallohnverlust der letzten drei Jahre bekommen die Frauen noch mehr zu spüren. Dass muss sich nun ändern. Das Geld für Verbesserungen ist vorhanden, denn den Firmen geht es in sehr vielen Branchen ausgezeichnet.»
Christian Fankhauser, Vizepräsident SEV, betont: «Nach einem nur teilweisen Teuerungsausgleich 2022 werden wir eine Nullrunde im Herbst 2023 in den ÖV-Unternehmen nicht akzeptieren.»
Matteo Antonini, Präsident syndicom, ergänzt: «Ein Teil der Logistikbranche hat weiterhin sehr tiefe Löhne und prekäre Arbeitsbedingungen. Daher wird syndicom den vollen Teuerungsausgleich fordern und sich zusätzlich für Lohnentwicklungen einsetzen, um den erlittenen Reallohnverlust der letzten Jahre aufzufangen.»
Für Natascha Wey, Generalsekretärin VPOD, ist klar: «Auch bei den Kantonen ist das Geld vorhanden: sie machen seit Jahren Überschüsse. Nun sind die Arbeitnehmenden am Zug, die Züge und Busse bewegen, Menschen ausbilden, Kinder betreuen und ältere Menschen pflegen.»