Wenn das Bundesamt für Gesundheit am nächsten Donnerstag die zu erwartende moderate Prämienerhöhung für das Jahr 2020 bekanntgeben wird, dürfte es zu einem grossen Schulterklopfen kommen. Der Bund wird sich für griffige Kostendämpfungsmassnahmen loben (insbesondere den Tarmed-Tarifeingriff), die ÄrztInnen werden ihr Verantwortungsbewusstsein unterstreichen (und damit den drohenden Globalbudgets ihre Notwendigkeit absprechen) und die Krankenkassen werden sich als "Kümmerer" geben, welche den Menschen nun endlich einen Prämienschock ersparen würden.
Dass dies bestenfalls die halbe Wahrheit ist, dürfte allen klar sein. Denn erstens ist die temporär moderate Zunahme der Gesundheitskosten bereits wieder Vergangenheit: Nach einem Kostenwachstum von 2.6% im Jahr 2017 und 2.8% im Jahr 2018, geht die KOF-Konjunkturforschungsstelle für 2019 von 3.7% und für 2020 von 3.6% aus. Dieses Wachstum wird sich – wie immer zeitverzögert – auch in den zukünftigen Prämien niederschlagen.
Bevor dies allerdings geschehen darf, müssen die Kassen endlich Ordnung in ihre Bücher bringen. Denn aufgrund in der Vergangenheit zu hoch angesetzter Prämien schwimmen sie heute im Geld: Die angehäuften Reserven entsprechen Ende 2018 praktisch dem Doppelten des gesetzlich Vorgeschriebenen. Dieses Geld gehört den Versicherten und muss ihnen in Form tieferer Prämien zurückgegeben werden. Das falsche Selbstlob in den teuren Werbekampagnen können sich die Kassen dabei getrost sparen.
Soziale Finanzierung vorantreiben
Zweitens bleibt trotz moderater Prämienrunde 2020 das zentrale Problem der Schweizer Gesundheitsversorgung akut bestehen: Die höchst unsoziale Finanzierung durch Kopfprämien und horrende Kostenbeteiligung. Denn selbst wenn die KOF-Prognosen nicht zutreffen und weitere Kostendämpfungsmassnahmen greifen sollten: Dies änderte nichts an der bereits extrem hohen Prämienbelastung insbesondere von (Eineltern-)Familien und RentnerInnen.
Die Prämienentlastungsinitiative von SP Schweiz und SGB zur Einführung eines Prämiendeckels bei 10% des verfügbaren Einkommens ist deshalb unerlässlich. Sobald die Initiative zustande kommt, muss sie im Parlament prioritär behandelt werden. Ein anderes Reformprojekt, die "Einheitliche Finanzierung" sollte hingegen schleunigst beerdigt werden: Diese KVG-Revision fordert einen beispielslosen Ausbau der Finanzierungs- und Steuerungsmacht der Krankenkassen im Gesundheitswesen. Dass diese sich dafür mit ihrer aktuellen Geschäftspolitik – siehe Reserve-Anhäufung und Lohnpolitik in den Chef-Etagen – alles andere als empfehlen, liegt eigentlich auf der Hand.