Der 57. Kongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds SGB steht im Zeichen der Kaufkraftkrise. In vielen Branchen konnten die Gewerkschaften einen Teuerungsausgleich erkämpfen. Doch durch den Prämienschock und sinkende Renten aus der 2. Säule bleibt immer weniger zum Leben. Mit starken und geeinten Gewerkschaften müssen die drohenden Einkommensverluste der arbeitenden Bevölkerung gestoppt werden. Die Delegierten des SGB-Kongresses sprechen sich klar für generelle Lohnerhöhungen und bessere Renten aus.
Der SGB-Kongress ist das oberste Organ des grössten Gewerkschaftsdachverbandes der Schweiz. Die SGB-Delegierten vertreten über 320’000 Mitglieder und legen in Interlaken die gewerkschaftlichen Prioritäten und das Programm der Gewerkschaften für die nächsten vier Jahre fest. An der Eröffnungsrede betonte SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard: «Der soziale Kampf für bessere Lohne, Renten und die Gleichstellung bleiben auch die nächsten 4 Jahre unsere zentrale Aufgabe».
Am heutigen ersten Kongresstag stand die Kaufkraftkrise im Fokus. Obwohl es den Firmen sehr gut geht, steigt der Druck am Arbeitsplatz seit Jahren und bei der erwerbstätigen Bevölkerung kommt immer weniger an. Wegen Prämienschock, explodierenden Energiepreisen und höheren Mieten reichen die Löhne immer weniger zum Leben. Am Kongress haben die SGB-Delegierten einkommens- und verteilungspolitisch dringend notwendige Massnahmen für die Stärkung der Kaufkraft beschlossen.
Zentrale Forderungen für eine gerechtere Verteilung sind:
- generelle Lohnerhöhungen: Der Teuerungsausgleich hat mit der steigenden Inflation wieder eine zentrale Bedeutung erhalten. Dazu muss aber auch eine Reallohnerhöhung kommen, weil die Wirtschaft wächst und die Produktivität steigt und weil die Lohnerhöhungen in den letzten Jahren ungenügend waren.
- mehr GAV und Mindestlöhne: Dass nur knapp die Hälfte der Berufstätigen einen GAV mit Mindestlohn hat, reicht nicht. Es braucht auch GAV mit guten Mindestlöhnen im Detailhandel, im Gartenbau, in der Logistik, im Journalismus u. a.
- Verbesserungen beim Lohnschutz: Die Flankierenden müssen verbessert, nicht verschlechtert werden. Wichtig sind insbesondere Vereinfachungen bei der Allgemeinverbindlicherklärung von GAV sowie scharfe Durchsetzungsmassnahmen.
- eine neue Mindest- und Tieflohnoffensive: Bei den Tieflohnstellen braucht es eine Trendwende.
- weitere substanzielle Fortschritte zur Lohngleichheit der Frauen: Die Lohndiskriminierung ist illegal. Sehr wichtig sind ausreichend bezahlbare Kinderbetreuungs-Plätze, wie es die Kita-Initiative verlangt.
- Massnahmen zur Eindämmung von Lohnexzessen und eine faire Besteuerung.
- eine substanzielle Erhöhung der Krankenkassen-Prämienverbilligungen: Der SGB setzt sich für das Ziel ein, dass niemand mehr als 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben muss und unterstützt die Prämien-Entlastungsinitiative.
Am heutigen ersten Kongresstag werden ausserdem Positionen und Resolutionen zu den Schlüsselthemen Altersvorsorge und Gleichstellung beschlossen.
Als Gast werden Wirtschaftsminister Guy Parmelin sowie internationale Gäste wie Wolfgang Katzian, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und Daniela Modonesi von der italienischen Gewerkschaft FIL-CGIL empfangen. Am zweiten Kongresstag von morgen Samstag werden Positionspapiere zur Klimaerhitzung und weitere Resolutionen debattiert, und das SGB-Präsidium und der Präsidial-Ausschuss gewählt.