Mit unverschämten und nachweislich falschen Behauptungen trommelt die SVP seit Wochen gegen die CO2-Revision – als gut geölte Marionette der finanzstarken Erdöllobby. Aus gewerkschaftlicher Sicht kann man darüber nur den Kopf schütteln und zu einer breiten Mobilisierung für die Annahme des CO2-Gesetzes aufrufen!
Lügen kostet nichts
Die GegnerInnen des CO2-Gesetzes führen seit Wochen eine beispiellose Lügenkampagne. Sie leugnen dabei zwar grösstenteils nicht (mehr) die menschgemachte Klimaerwärmung – in einem Land wie der Schweiz, welches überdurchschnittlich stark vom längst stattfindenden Klimawandel betroffen ist, wäre dies dann doch zu viel des Guten –, sondern vielmehr die finanziellen Verteilwirkungen der verschiedenen Massnahmen. «1000 Franken Mehrbelastung für einen vierköpfigen Haushalt»: so lautet die SVP-Kampfparole, die komplett verschweigt, dass der grösste Teil der zusätzlichen Abgaben in Form von Pro-Kopf-Rückerstattungen direkt an die Haushalte zurückfliesst und somit für Familien mit tiefen Einkommen am Ende des Monats in den vielen Fällen mehr – und nicht weniger – Geld im Portemonnaie übrigbleibt. Genau so könnte man behaupten, die RentnerInnen litten finanziell unter den AHV-Mehrwertsteuerprozenten, oder die BäuerInnen würden durch die Steuerzahlungen belastet, welche zur Finanzierung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen nötig sind.
Die Immobilienlobby will plötzlich die MieterInnen verteidigen
Noch stossender ist, dass sich die SVP mit ihrer Kampagne urplötzlich als grosse Vertreterin der Mieterinnen und Mieter in diesem Land aufspielt. Dies, obwohl sich seit jeher keine andere Partei – mit Ausnahme der FDP – dermassen konsequent für die Interessen der Immobilienlobby und gegen jene der Mieterinnen und Mieter eingesetzt hat. Zur Volksinitiative für mehr bezahlbaren Wohnraum, beispielsweise, hat die Partei mit 334 zu 2 Stimmen die Nein-Parole beschlossen.
Klar: Das CO2-Gesetz wird im Gebäudebereich auf der einen Seite zu Mehrkosten führen. Heizen mit Öl wird durch die Erhöhung der CO2-Abgabe leicht teurer und die Installation klimafreundlicher Heizsysteme kostet zunächst etwas. Über den gesamten Lebenszyklus gesehen sind aber Wärmepumpen und Co. bereits heute oft billiger als Ölheizungen. Dies gilt umso mehr, wenn ein entsprechendes Gebäude gleichzeitig auch besser isoliert wird und damit der Heizungsbedarf sinkt. Solche Sanierungen werden auch künftig über den Klimafonds und die kantonalen Energieprogramme kräftig subventioniert. Es gibt also keine sachlichen Gründe, welche eine zusätzliche Belastung der MieterInnen durch die neuen Abgaben und Vorgaben des CO2-Gesetzes rechtfertigen würden. Und dennoch drohen solche zusätzlichen Belastungen: Allerdings nicht mit dem CO2-Gesetz, sondern mit der von bürgerlichen Parteien angestrebten weiteren Aushöhlung des MieterInnenschutzes im Rahmen der kommenden Mietrechtsrevision. Munter mit dabei: Natürlich die SVP.
Internationale Multis schmieren die Nein-Kampagne
Bei der letztjährigen Kampfjet-Abstimmung haben es die internationalen Rüstungskonzerne tunlichst vermieden, als Akteure oder Finanzierer der Ja-Kampagne aufzutreten. Dies wäre zu Recht als inakzeptable Einmischung in demokratische Prozesse der Schweiz aufgefasst worden. Bei der CO2-Abstimmung warf es hingegen bis anhin keine grossen Wellen, dass die von ausländischen Grosskonzernen (Shell, BP, Total, Eni) dominierte Erdölvereinigung (heute «Avenergy») die Gegenkampagne nicht nur im Hintergrund unterstützt, sondern von der Referendumssammlung bis zum Abstimmungssonntag massgeblich mitfinanziert und -führt. Wenn es darum geht, in der «souveränen Schweiz» die Klimapolitik zu blockieren, baut die SVP also gerne auf tatkräftige Unterstützung aus dem Ausland.
Science-Fiction als Alternative zum Ja
Mit ihrer Wasserstoffstrategie hat die SVP eine eigene «Lösung» zur Bekämpfung des Klimawandels präsentiert, welche allerdings grösstenteils im Bereich der Science-Fiction anzusiedeln ist. Um nur schon den motorisierten Individualverkehr auf Wasserstoff umzustellen, müsste die in der Schweiz produzierte und importierte Strommenge verfünffacht werden, was absolut unrealistisch ist. Anstatt zur Herstellung von Wasserstoff, könnte man zusätzliche Stromkapazitäten auf Basis der längst marktreifen Elektromobilität auch direkt als Antriebstechnologie verwenden (und damit die bei der Gewinnung von Wasserstoff anfallenden, riesigen energetischen Umwandlungsverluste vermeiden), wie dies das CO2-Gesetz vorsieht. Diesen Gedankenschritt sucht man im «Plan Imark» allerdings vergeblich, weil Letzterer Seriosität ja auch nicht beinhalten, sondern – zumindest bis zur kommenden Abstimmung – primär vorgaukeln soll. Die falschen Behauptungen zu den finanziellen Verteilwirkungen des CO2-Gesetzes werden dadurch aber kein bisschen wahrer.
Ein Ja ist zwingend – gerade für BüezerInnen
Aus gewerkschaftlicher Sicht lässt sich nur wiederholen: Das CO2-Gesetz ist nicht perfekt, insbesondere deshalb nicht, weil es für das absolut unabdingbare Erreichen der Schweizer Klimaziele («Nettonull» bis 2050) nicht ausreicht. Dennoch ist die Vorlage ausgewogen und dahingehend richtig ausgestaltet, dass weder die BüezerInnen noch die Landbevölkerung bestraft werden, sondern vor allem reiche UmweltsünderInnen. Eine Annahme ist deshalb ein Ja dafür, endlich mit einer griffigen Klimapolitik zu beginnen. Und daran kann niemand ein grösseres Interesse haben, als die Arbeitnehmenden. Denn sie sind es, die zuallererst und am meisten unter den Verwerfungen der Klimaerwärmung zu leiden haben.