Die Schweizerfahne und die der Europäischen Union

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EU-Verhandlungsmandat: Lohnschutz und Service public müssen gewährleistet sein

  • Flankierende Massnahmen und Personenfreizügigkeit
Medienmitteilung

Der SGB zu den Eckwerten des Verhandlungsmandats mit der Europäischen Union

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) unterstützt die Öffnung der Schweiz gegenüber der EU, sofern sie den Arbeitnehmenden nützt und nicht schadet. Er setzt sich für eine offene Schweiz in einem sozialen Europa ein. Die Diskussionen über das Rahmenabkommen haben diese Anforderungen bisher nicht erfüllt. Auch die Entwicklungen bei den Sondierungsgesprächen waren besorgniserregend. Der Lohnschutz und der Service public sind nicht gesichert. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB ist irritiert, dass der Bundesrat diese ungelösten Probleme nicht öffentlich benennt.

Die Schweiz hat die höchsten Löhne in Europa und braucht den besten Schutz. Der für die Bevölkerung sehr wichtige Service public muss erhalten und weiterentwickelt werden. Für den SGB ist klar: Die Gespräche mit der EU können nur auf dieser Basis zu einem erfolgreichen Abschluss kommen. Ein Verhandlungsmandat des Bundesrates muss deshalb Folgendes beinhalten:

  • Der eigenständige Lohnschutz muss gesichert sein. Es braucht verbindliche Garantien, dass die GAV weiterhin paritätisch vollzogen werden können. Und die Schweiz muss weiterhin Instrumente wie die Dienstleistungssperre, die Arbeitsunterbrüche und die Kaution einsetzen können, um Dumping wirksam zu bekämpfen.
  • Eine Übernahme der EU-Spesenregelung, wonach den Arbeitnehmenden in der Schweiz keine Schweizer Spesenansätze mehr bezahlt würden, lehnt der SGB ab.
  • Beim Lohnschutz soll die Schweiz die Prävention stärken: Es sollen diejenigen Firmen die Aufträge erhalten, die auch korrekte Löhne zahlen. Dazu sollen die digital vorhandenen Informationen aus den Lohnkontrollen von den AuftraggeberInnen genutzt werden. Zudem sollte die Schweiz eine Bauherrenhaftung einführen. Wenn die Prävention gestärkt und zugleich das Meldeverfahren beim Bund digital verbessert wird, könnte die Schweiz auch die 8-Tage-Voranmeldefrist schrittweise verkürzen, ohne den Lohnschutz zu verschlechtern.
  • Die schleichende Erosion beim Lohnschutz muss gestoppt werden. Die Voraussetzung für die Allgemeinverbindlicherklärung von GAV muss an die heutige Realität angepasst werden – insbesondere das Arbeitgeberquorum gehört angepasst. Temporärbeschäftigte müssen zu den gleichen Löhnen angestellt werden wie die Festangestellten. Die Schweiz könnte hier die EU-Richtlinien zu den Mindestlöhnen und zur Temporärarbeit übernehmen.
  • Der SGB unterstützt die wichtige Kooperation der Schweiz mit der EU im Strom-Hochspannungsbereich. Aber eine totale Marktöffnung beim Strom lehnt er ab.
  • Der öffentliche Verkehr (ÖV) in der Schweiz darf nicht geschwächt werden. Eine Marktöffnung beim öffentlichen Verkehr lehnt der SGB ab. Dasselbe gilt auch für eine Beihilfenprüfung, welche den ÖV schwächt.
  • Die Verbesserungen, die sich aus einer Übernahme der EU-Unionsbürgerrichtlinie ergeben, wären ein Fortschritt. Dadurch erhalten EU-Staatsangehörige eine bessere soziale Absicherung und mehr Rechte, wenn sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.
  • Der Abschluss eines Abkommens im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Krisenbewältigung wäre für die Schweiz positiv. Nicht verhandelbar ist jedoch in diesem Rahmen eine allenfalls beihilferechtlich erzwungene Reduktion der bereits heute zu tiefen öffentlichen Subventionen im Gesundheitswesen.
  • Der SGB unterstützt die Kohäsionsbeiträge an die EU, die auch erhöht werden können. Sie sind ein wichtiges, solidarisches Instrument, um die Unterschiede bei den Einkommen in Europa zu reduzieren. Positiv wäre auch, wenn die sistierten Kooperationsprojekte der Schweiz mit der EU rasch wieder weitergeführt würden. Die Schweiz und die EU haben ein grosses, gemeinsames Interesse an einer engen Zusammenarbeit in der Forschung, in der Kultur und in der Bildung.
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