Der Planet brennt und die Schweiz schläft: So lassen sich der Zustand des Weltklimas und die hiesige Klimapolitik treffend beschreiben. Und dieser Zustand ist nicht haltbar: Es braucht endlich ambitionierte Massnahmen, um das von der Bevölkerung beschlossene Ziel «Netto Null bis 2050» erreichen zu können. Gerade die Arbeitnehmenden sind darauf existenziell angewiesen. Deshalb unterstützt der SGB als Mitglied der Klima-Allianz die grosse Klimademo vom 30. September in Bern.
Die Klimaerhitzung ist weder zeitlich noch räumlich ein entferntes Phänomen, sondern sie findet hier und heute statt, ist menschengemacht und für uns alle eine existenzielle Bedrohung. Die Schweiz ist weltweit einer der grössten Klimaschädiger: Ihr Treibhausgas-Fussabdruck liegt pro Kopf bei mehr als dem Doppelten des internationalen Durchschnitts – und dies noch ohne Einbezug der importierten Emissionen oder des Ausstosses von Schweizer Konzernen im Ausland.
Letztlich ist die Klimaerhitzung das Resultat einer extrem ungleichen Weltwirtschaftsordnung. Heute sind die reichsten 10 Prozent der Welt für über die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Gleichzeitig triff die Klimaerhitzung den ärmeren Teil der Bevölkerung umso mehr, auch in der Schweiz. Denn Arbeitnehmende, die im Beruf immer heisseren Temperaturen und grösseren Naturgefahren ausgesetzt sind, werden zumeist auch schlechter bezahlt. Entsprechend sind KollegInnen dieser Branchen auch abseits der Arbeit stärker exponiert: Etwa, weil sie sich eine zahlbare Wohnung nur in schlechter erschlossenen Randregionen oder aber an lärmigen und schmutzbelasteten Verkehrsachsen in den Agglomerationen leisten können. Deshalb ist klar: Ohne soziale Wende ist die Klimawende niemals zu schaffen, auch in der Schweiz nicht. Sämtliche Versuche, die Kosten des Klimaschutzes auf die breite Bevölkerung abzuwälzen und die Vermögenden dabei zu schonen, sind zum Scheitern verurteilt.
Und auch der Markt löst das globale Jahrhundertproblem der Klimaerhitzung definitiv nicht: So sind die vielen marktwirtschaftlichen Instrumente zur Bekämpfung der Klimakrise seit ihrer Einführung weitgehend gescheitert. Bestes Beispiel dafür sind der Emissionshandel, die Kompensationsmassnahmen sowie alle Arten der besonders in der Schweizer Klimapolitik bis anhin sehr beliebten "Selbstverpflichtung der Wirtschaft". Fixpunkt all dieser Ansätze ist letztlich der Fehlglaube an eine in Zukunft irgendwann eintretende bahnbrechende technologische Innovation, die uns flugs in die Netto-Null-Zukunft katapultieren soll, ohne dass sich dabei an der grundlegenden Funktionsweise unseres Wirtschaftslebens etwas ändern würde.
In unserem heutigen Wirtschaftssystem geht die Ausbeutung von Arbeitnehmenden einher mit der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Wir sind aber überzeugt, dass wirtschaftlicher Fortschritt nicht einfach Schadenswachstum bedeuten muss. Vielmehr ermöglicht eine sozial flankierte Energiewende auch eine nachhaltig positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Damit der ökologische Umbau aber solidarisch vonstattengeht, darf niemand aufgrund der notwendigen strukturellen Veränderungen im Stich gelassen werden. Öffentliche Investitionen braucht es deshalb nicht nur für neue Infrastrukturen und Technologien, sondern auch in der Bildung sowie für Umschulungen und Unterstützungen der Arbeitnehmenden in den betroffenen Branchen. Oberstes Ziel muss dabei die Schaffung nachhaltiger, gesunder und gut bezahlter Arbeitsplätze sein – «grüne Jobs» müssen zwingend auch «gute Jobs» sein. Auch deshalb sind die Gewerkschaften massgeblich an der «Klimafonds-Initiative für eine gerechte Energie- und Klimapolitik» beteiligt.
Der ökologische Umbau ist seit vielen Jahren ein zentrales Anliegen der Gewerkschaften. Gemeinsam haben wir gegen die Strommarktliberalisierung gekämpft und den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie des klimafreundlichen Service public mit vorangetrieben. Wir sind überzeugt: Die Klimawende ist das kollektive Zukunftsprojekt, welches nur gemeinschaftlich und demokratisch ausgehandelt umgesetzt werden kann. Zentraler Hebel dabei ist die Stärkung des Service public. Historische Vorzeigebeispiele wie der Ausbau des Bahnnetzes und die Schaffung der SBB oder der Bau der Wasserkraftwerke und des Stromnetzes zeigen: Kollektive öffentliche Fortschrittsprogramme sind alternativlos und nachhaltig erfolgreich. In analoger Weise müssen nun endlich auch der Klimaschutz und die Energiewende in Angriff genommen werden. Damit dies geschieht – und schnell geschieht – braucht es Druck auf allen Ebenen: In der Politik, in den Branchen und auf der Strasse!
In diesem Sinne rufen die Gewerkschaften zur breiten Teilnahme an der nationalen Klimademo vom 30. September in Bern auf.